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Version vom 31. Januar 2019, 18:37 Uhr
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Biographisches Philosophieren
Reflexion des biographischen Philosophierens
Von ihrer Wortbedeutung ausgehend können autobiographische Materialien als heterogene Menge von Zeugnissen verstanden werden, die als eine Beschreibung (graphia) des Lebens (bios) eines einzelnen Menschen durch diesen selbst (auto) fungieren. Diese Materialien lassen sich dabei weder auf eine zeitliche Perspektive noch auf einen bestimmten Umfang oder ein konkretes Medium festlegen.1 Es gibt eine Vielzahl an autobiographischer Schriften, die eine Verflechtung von Lebensbeschreibung und philosophischer Abstraktion erkennen lassen (z.B. Augustinus Bekenntnisse, Sören Kierkegaard Tagebücher, Betrand Russel Autobiorgaphie).[1] Vanessa Albus[2] plädiert für eine lebensweltliche Verzahnung von Philosophie und Autobiographie und führt dafür folgende Argumente an: (1) Der Einstieg in das Philosophieren wird erleichtert, da ein lebensweltlichen Ansatz für die Schüler_innen besonders zugänglich ist und sich diese durch narrative Elemente mit Philosoph_innen identifizieren. (2) Ein einzelner Lebensweg kann im Kleinen eine ganze Epoche der Geistesgeschichte abbilden. (3) Biographische Erlebnisse der Philosophinnen und Philosophen können Themenbereiche und Teildisziplinen der Philosophie exemplarisch vermitteln, z.B. den Umgang mit Schicksalsschlägen, Sterben und Tod sowie ethische Themen wie Diebstahl. (4) Die Lebensumstände und der Bildungsweg der Philsoph_innen kann ein vorbildhaftes Exempel für Jugendliche darstellen.2 Ein möglicher Einwand gegen dieses Vorhaben ist die dominierende Ich-Zentrierung autobiographischer Schriften, welche im Widerspruch zu dem Streben nach allgemeiner und abstrakter Erkenntnis stehen kann. Weiterhin sollte das Ziel der Persönlichkeitsbildung in Hinblick auf die jeweiligen Biographien aber auch hinsichtlich der Lebenswelt der Schülerinnen und Schülern sorgfältig betrachtet werden. Als Methoden des autobiographischen Philosophierens können das fiktiv-simulierte und das persönlich-authentische Verfahren angeführt werden.
Lebensweltbezug
Unter Lebenswelt verstehen wir unsere Welt, die wir bevölkern, mit unseren Sinnen wahrnehmen und unseren Handlungen beeinflussen.[3] Auf Grundlage des Wechselspiels zwischen Mensch und Welt ergeben sich verschiedene Funktionen. Die Leitfadenfunktion hat durch Reflexion zwischen Lebenswelt und eigenen Handeln eine wegweisende Bedeutung. Die Einigungsfunktion ist eine Darstellung unserer Lebenswelt als Einheit und nicht als partikulares Gebilde. Die Bodenfunktion bildet eine vorwissenschaftliche Grundlage für Analyse und Forschung. Alle Funktionen zielen reflektive Betrachtungen von Zusammenhängen innerhalb unserer Lebenswelten ab. Da die eigene Lebenswelt mit dem eigenem Handeln und anderen Einflüssen beeinflusst wird, ist ein Bezug zur Biographie unerlässlich. Biographie und Lebenswelt bilden ein Zusammenhängendes Konstrukt. Betrachtet man diese Kausalität mit Hinblick auf den Unterricht zeigt sich ein großer Vorteil darin, dass Philosophie und Lebenswelt in Beziehung stehen und somit auch für Schülerinnen und Schüler greifbar sind.[4] Als Grenze darf nicht außer Acht gelassen werden, dass jede Lebenswelt subjektiv ist und man keine einheitliche Ausgangsbasis hat und die Verbindung zu philosophischen Konzepten gegeben falls nicht erkannt wird.[5]
Das fiktiv-simulierte Verfahren
Neben dem persönlich-authentischen Verfahren gibt es nach Vanessa Albus[6] auch das fiktivsimulierte Verfahren als Methode autobiographischen Philosophierens. Diese Methode, die an die Biografieforschung angelehnt ist, kann man sowohl auf das eigene Leben der Schüler*innen wie auch auf das fremde Leben anwenden. Dabei hat das Verfahren verschiedene Vorteile: Einerseits müssen die Schüler*innen nicht zu viel von sich preisgeben, da über fiktive Biographien gesprochen wird, was distanziert geschehen kann. Andererseits wird die Persönlichkeitsbildung angeregt und es gibt die Möglichkeit, verschiedene Szenarien der Lebensführung fiktiv-simuliert durchzuspielen (z.B. beim Gedankenexperiment). Nachteile können darin bestehen, dass fiktive Biografien künstlich auf Schüler*innen wirken, was eine Abschreckung zur Folge haben könnte, und, dass die Übertragung der Prozesse in die eigene Persönlichkeitsbildung der Schüler*innen von außen schlecht ersichtlich ist. Unterrichtsmethoden des fiktiv-simulierten Verfahrens sind z.B. das Rollenspiel und das Gedankenexperiment.
Das persönlich-authentische Verfahren
Das persönlich-authentische Verfahren gehört zu den beliebtesten Methoden des autobiographischen Schreibens bzw. Philosophierens, da sie das autobiographische Philosophieren mit dem Lebensweltbezug verbindet. Vorteile bei diesem Verfahren wären, dass das Interesse der Schüler geweckt werden kann und ihnen ermöglicht wird, sich mit ihrer eigenen Biographie zu beschäftigen und sie dann zu reflektieren. Des Weiteren wird im Unterricht ein Raum geschaffen, in dem die Schüler gehört und verstanden werden können. Besonders in der Philosophie besteht die Möglichkeit,diese Methode problemlos anzuwenden. Dennoch spielen die Persönlichkeiten der Schüler eine wichtige Rolle, um das persönlich-authentische Verfahren anzuwenden. Wenn sensible Themen angesprochen werden, mit dem die Schüler sich nicht beschäftigen möchten bzw. nicht können, könnte es bei einigen zu psychischen Problemen kommen. Auch das Klassenklima sollte beachtet werden, weil es zu Mobbing kommen könnte. Den Schülern sollte vorher bewusst gemacht werden, dass eine harmonische und verständnisvolle Atmosphäre im Unterricht sein sollte. Eine großer Kritikpunkt zu dieser Methode wäre auch, dass die einzelnen Schüler die Teilnahme an dieser Methode verweigeren könnten, da sie zum Beispiel zu schüchtern sind oder nicht die Kraft besitzen, über einige Aspekte aus ihrem Leben zu sprechen.
Mögliche Unterrichtsvorhaben
Wolfgang Bantel ließ seine Schüler*innen in Anlehnung an das fiktiv-simulierte Verfahren eine fiktive Biographie zu abgebildeten Personen schreiben. Dies dient sowohl der Eigen- als auch der Fremdwahrnehmung und ermöglicht ein distanziertes Arbeiten, bei dem die Schüler*innen in Gruppenkontexten nicht viel von ihrer eigenen Person preisgeben müssen. Gedankenspiele oder Rollenexperimente eignen sich ebenfalls gut für dieses Verfahren. Hierbei können Schüler*innen sowohl in die Rolle eines im Unterricht besprochenen Philosophen als auch in die einer fiktiven Gestalt schlüpfen. Als Grundlage hierfür können Interviews aus Zeitungen oder Zeitschriften sowie Ausschnitte aus Autobiografien oder Erzählungen aus Romanen dienen. Die Aufgabe der Schüler*innen ist es, die Gedanken und Gefühle ihrer Rolle auszudrücken oder selbst zu erfinden.
Lebensweltbezug
„Lebensweltbezug“ Unter Lebenswelt verstehen wir unsere Welt, die wir bevölkern, mit unseren Sinnen wahrnehmen und unseren Handlungen beeinflussen.[7] Auf Grundlage des Wechselspiels zwischen Mensch und Welt ergeben sich verschiedene Funktionen. Die Leitfadenfunktion hat durch Reflexion zwischen Lebenswelt und eigenen Handeln eine wegweisende Bedeutung. Die Einigungsfunktion ist eine Darstellung unserer Lebenswelt als Einheit und nicht als partikulares Gebilde. Die Bodenfunktion bildet eine vorwissenschaftliche Grundlage für Analyse und Forschung. Alle Funktionen zielen reflektive Betrachtungen von Zusammenhängen innerhalb unserer Lebenswelten ab. Da die eigene Lebenswelt mit dem eigenem Handeln und anderen Einflüssen beeinflusst wird, ist ein Bezug zur Biographie unerlässlich. Biographie und Lebenswelt bilden ein Zusammenhängendes Konstrukt. Betrachtet man diese Kausalität mit Hinblick auf den Unterricht zeigt sich ein großer Vorteil darin, dass Philosophie und Lebenswelt in Beziehung stehen und somit auch für Schülerinnen und Schüler greifbar sind.[8] Als Grenze darf nicht außer Acht gelassen werden, dass jede Lebenswelt subjektiv ist und man keine einheitliche Ausgangsbasis hat und die Verbindung zu philosophischen Konzepten gegeben falls nicht erkannt wird.[9]
Das Gedankenexperiment
„Menschen sind Wesen, die sich vorstellen können, was wäre wenn...Wollen sie sich ein Haus bauen, können sie sich vorstellen, wie sie einen Schritt nach dem anderen Ausführen werden.“ Diese Fähigkeit ist uns allerdings nicht nur im Alltag nützlich, sondern auch in der Philosophie. Die Rede ist von Gedankenexperimenten, aber was ist ein solches Gedankenexperiment ? Welche Funktion hat es und vor allem wo findet es seinen Nutzen ? Ein Gedankenexperiment ist mehr als nur unsere Fantasie. Es ist ein Hilfsmittel um Theorien, Ideen und Gedanken zu untermauern oder auch zu widerlegen. Dabei muss es nicht um reale Geschehnisse handeln. Das ist eben der Reiz, denn man kann sich gedanklich eine Situation so konstruieren, wie man sie benötigt. Ebenso regt es den Menschen dazu an Dinge besser veranschaulichen zu können oder gar weiterdenken zu können. Es dient als ein Simulator für zahlreiche Ereignisse. Trotz der Tatsache, dass das Gedankenexperiment GedankenEXPERIMENT heißt, ist es keins, denn im eigentlichen Sinne basiert es nicht auf empirischen Daten. Gedankenexperimente begegnen uns überall. Nicht nur im Alltag, sondern z.B auch in der Philosophie. In der Philosophie, aber auch in anderen wissenschaftlichen Disziplinen dient es dazu, sich etwas vorzustellen, was nicht ist. Mit Formulierungen wie: „Nehmen wir an...“ oder „Stell dir vor...“ bringen wir die Menschen in unserem Umfeld dazu sich Dinge einzubilden, die nicht existieren oder nicht wahr sind. Es entsteht ein Szenario. Eine erzählerisch entwickelnde Situation, die faktisch nicht wahr ist. Der Nutzen eines Gedankenexperiments ist ebenso simpel wie die Vorstellung einer Pizza Margherita nach dem Sport. Es bringt vieles mit sich. Freude, Trauer, Spaß, Sehnsucht, Versuchung und vieles mehr. Auf der wissenschaftlichen Ebene ermöglicht es aber noch viel mehr als das. Es dient zur Multiperspektivität und es fördert unser Geschichtsbewusstsein in jeglicher Hinsicht. Gedankenexperimente begleiten uns Tag und Nacht.
Quellenangaben:
- ↑ Haase, Volker (2012): Autobiographie im Philosophie- und Ethikunterricht. In: ZDPE 38 (2/2012). S. 86 – 95.
- ↑ Albus, Vanessa (2012): Methoden und Medien des autobiographischen Philosophierens. In: ZDPE 38 (2/2012). S. 95.
- ↑ Waldenfels, Bernhard.: Lebenswelt, in: Neues Handbuch philosophischer Grundbegriffe, Bd. 2. Hrsg, von Hermann Krings u.a. Freiburg/München 2011, S. 1418. (zit. n. Stelzer)
- ↑ Stelzer, Hubertus: Lebensweltbezug, in: Handbuch: Philosophie und Ethik. Bd.1: Didaktik und Methodik. Hrsg. Von Julian Nida-Rümelin u.a. Stuttgart 2015, S.80.
- ↑ Stelzer, Hubertus: Lebensweltbezug, in: Handbuch: Philosophie und Ethik. Bd.1: Didaktik und Methodik. Hrsg. Von Julian Nida-Rümelin u.a. Stuttgart 2015, S.83.
- ↑ Albus, Vanessa (2012): Methoden und Medien des autobiographischen Philosophierens. In: ZDPE 38 (2/2012). S. 95 – 103.
- ↑ Waldenfels, Bernhard.: Lebenswelt, in: Neues Handbuch philosophischer Grundbegriffe, Bd. 2. Hrsg, von Hermann Krings u.a. Freiburg/München 2011, S. 1418. (zit. n. Stelzer)
- ↑ Stelzer, Hubertus: Lebensweltbezug, in: Handbuch: Philosophie und Ethik. Bd.1: Didaktik und Methodik. Hrsg. Von Julian Nida-Rümelin u.a. Stuttgart 2015, S.80.
- ↑ Stelzer, Hubertus: Lebensweltbezug, in: Handbuch: Philosophie und Ethik. Bd.1: Didaktik und Methodik. Hrsg. Von Julian Nida-Rümelin u.a. Stuttgart 2015, S.83.