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Verfassungsfeindliche Aussagen in Schule und Unterricht

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Verfassungsfeindliche Aussagen werden nicht nur im öffentlichen Raum preisgegeben. Auch in der Schule oder anderen Institutionen werden vermehrt rassistische oder anderweitig diskriminierende Äußerungen öffentlich bekundet. Dabei wird versucht auch die jüngste Generation für die eigenen Zwecke zu missbrauchen. Dieser Missbrauch sorgt bei vielen Menschen für Unwohlsein und teilweise große Empörung. Dieser Artikel beschäftigt sich deshalb mit den Problemen in der Schule, die durch solche Propagierungen entstehen. Dabei stellen sich oft die Fragen: Wie geht man mit solch einer Situation um? Was kann ein Lehrer oder eine Lehrerin machen, wenn ein Schüler oder eine Schülerin eine solche Aussage im Kontext des Unterrichts oder des Schulalltags tätigt? Kann man diese Äußerungen eventuell durch das Einbauen in den Unterricht entkräften, um der jeweiligen Person zu zeigen, dass er/sie falsch gehandelt hat?


Rechtsextremismus und -populismus in Schule und Unterricht

Rechtsextreme nutzen diverse Wege um auch an Schulen, also bei Kindern und Jugendlichen, für ihre fragwürdige Position in Land und Politik zu werben. Dabei nutzen sie meist auch die zeitgemäßen Angebote von Twitter, YouTube, Facebook und Co. Auch Musik spielt dabei eine entscheidende Rolle, die Jugendlichen für das Verbreiten von entsprechenden Inhalten zu begeistern. Dabei fällt eines besonders auf: Einfacher Rechtsradikalismus in Form von Verherrlichung des Nationalsozialismus fällt mittlerweile aus dem Raster heraus. Auch die typischen Erkennungsmerkmale, Springerstiefel, Bomberjacke und Glatze sind selten geworden. Mittlerweile identifizieren sich die Neonazis eher mit verschiedenen Kleidungsmarken und weniger bekannten Symbolen, wie Runen etc. Denkweisen und Einstellungen werden aus den Elternhäusern, Peergroups, Cliquen oder den von SuS genutzten Medien mitgebracht und machen vor keinem Schultor Halt. Die Diskussion um PeGiDa und ihre Ableger, rassistische und chauvinistische Äußerungen von rechten Politikerinnen und Politikern und die Wahrnehmbarkeit rechtsextremer (terroristischer) Gruppen, geht auch an den SuS nicht vorbei und beschäftigt sie in ihrem Schulalltag.

„Obwohl demokratische Milieus in Deutschland stärker und größer geworden sind, haben andere gesellschaftliche Kreise sich in die entgegengesetzte Richtung entwickelt“1

Diese veränderte Haltung verhältnismäßig weniger Menschen führt zu einer erschreckenden Zahl von rassistischen Gewalttaten – auch in der Schule und dem Unterricht.

Fallbeispiele im Unterricht

Fallbeispiel 1

Das folgende Fallbeispiel illustriert die breite Palette von rechtsextremen Vorkommnissen an Schulen von der einfachen Provokation bis hin zur unverblümten Ideologievermittlung. Der Vortrag zu einem selbst gewählten Thema im Philosophieunterricht ging dem Neuntklässler flüssig über Lippen. Der Lehrer war verwundert über die Qualität des Vortrages, denn er beinhaltete verschiedene Methoden: Eine eingespielte Rede, PPT-Präsentation und eine Aufgabe an die Mitschülerinnen und Mitschüler. Vorgestellt wurden philosophische Zitate aus der NS-Propaganda, unter anderem eben auch eine Rede eines Nationalsozialisten. Dabei verwendete der Junge zusätzlich verschiedene Materialien, sprich Bilder und Texte, die in Deutschland unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes sind. Einige Bilder und Texte waren auch von Neonazis. Dass die vorgestellten Inhalte der Neonazi-Szene angehören, war am Textinhalt der Hörproben und der gezeigten Fotos offensichtlich. Dem Lehrer fiel dies nicht auf. Nach Ende des Vortrages leitete der Lehrer die anschließende Diskussion lediglich mit den Worten ein: „Habt ihr noch Fragen?“ Nun wurde es einigen Schüler/innen zu bunt. Dass da jemand nationalsozialistische Inhalte unwidersprochen vorführen und für solche Positionen „werben“ durfte, verstörte sie. Ein Jugendlicher meldete sich schließlich und fragte den Vortragenden: „Du weißt schon, dass die Bilder, die Du hier vorgestellt hast, von Neonazis sind und die Organisationen teilweise in Deutschland verboten sind?“ Der Vorfall zog weite Kreise: Aufgebrachte Eltern, denen ihre Kinder von dem beängstigenden Philosophiereferat berichtet hatten, fragten bei der Schulleitung nach, ob das Referat und die Untätigkeit des Lehrers folgenlos bleiben könne. Die Schulleitung und hinzugezogene Beratungslehrerin handelten nach dem Vorfall regelgerecht und meldeten den Fall an die Bildungsagentur. Schulintern wurde der Schüler für seinen rechtsextremen Vortrag getadelt und die vom Vorfall betroffene Klasse durch die Beratungslehrerin aufgeklärt. Eine weitergehende Auseinandersetzung fand nach unserer Kenntnis in diesem Fall jedoch nicht statt.2

Fallbeispiel 2

Ein Schüler eines Gymnasiums mobbte zwei andere Schüler/innen aufgrund ihrer Hautfarbe. Einer der beiden Schüler sah sich außer Stande, weiter in die Schule zu kommen. Lange bleibt dies den Lehrkräften verborgen, da das Mobbing über Whatsapp lief. Als sie davon erfuhren, wurde mit dem mobbenden Schüler gesprochen, er erhielt eine Abmahnung. Mit den anderen Schüler/innen des Jahrgangs wurde die Situation ebenfalls im Klassenverbund im Rahmen des Philosophieunterrichts thematisiert. Mit den Schüler/innen der Klassenstufe wurden zeitnah zu den Geschehnissen Projekttage zu menschenverachtenden Einstellungen und Neonazismus durchgeführt. Seither werden in jedem Schuljahr Projekttage umgesetzt. Die diskriminierenden Einstellungen des einen Schülers haben sich nicht geändert, das Umfeld konnte allerdings gestärkt werden und die Betroffenen haben erfahren, dass sie nicht alleine sind. Die Schule hat sich jetzt auf den Weg gemacht, Schule ohne Rassismus zu werden und möchte langfristig weitere Projekte gegen Diskriminierung umsetzen. Damit möchte sie den menschenverachtenden Aussagen und etwaigen Unterstützern des Schülers ein deutliches Zeichen entgegensetzen.3


Möglichkeiten zur Intervention an Schulen

Im Folgenden werden Handlungsmöglichkeiten die Lehrkräfte betreffend knapp erläutert und mittels einer Checkliste für den Problemfall kurz zusammengefasst.

Handlungsmöglichkeiten für Lehrerinnen und Lehrer

Die obigen Fallbeispiele dienen selbstverständlich nur als, wie es der Name schon sagt, Beispiel. Dennoch kann an diesen Beispielen deutlich gemacht werden, dass extremistischen und rassistischen Äußerungen im Schulunterricht Einhalt geboten werden muss. Dabei kann der Lehrkörper, wie in Teilen der Fallbeispielen beschrieben, direkt auf die Taten oder Äußerungen der Schülerinnen und Schüler eingehen. Man kann die vorhandene „Ressource“ nutzen, um mit den Schülerinnen und Schülern eine möglichst breite schulinterne Auseinandersetzung zu erzielen. Zusätzlich können Themen wie Rassismus und Extremismus auch in Fächern wie Philosophie oder Geschichte intensiviert werden, sodass der Sachverhalt noch deutlicher werden kann. Darüber hinaus bietet eine solche Situation die Gelegenheit, ein Thema neu zu erschließen oder es auszuweiten. Durch eine öffentliche Thematisierung kann den problematischen Einstellung Einhalt geboten werden. Das stärkt auch unter anderem das Demokratieverständnis der Schülerinnen und Schüler und zeigt den Unentschlossenen, das rassistische oder extremistische Meinungen falsch sind. Betroffene Menschen wird an den jeweiligen Schulen gezeigt, dass sie nicht alleine sind, sondern auch sie solidarische Menschen in ihrem Umfeld haben, die sie Unterstützen und sich gegen Diskriminierung aussprechen.

Gegen die offensichtliche Zurschaustellung der eigenen rechtsextremen, verfassungsfeindlichen Gesinnung von Schülerinnen und Schülern ergeben sich zunächst einige simple Interventionsmöglichkeiten, die vor allem dann auch rechtlich bedenkenlos durchführbar und nötig sind, wenn das Verhalten des Jugendlichen das Jugendschutzgesetz oder das Strafgesetzbuch berührt. An diesen Stellen ist bereits das schlichte Einhalten der geltenden Gesetze und das Durchsetzen der daraus resultierenden Verbote eben jener Zurschaustellung ein erster wichtiger Handlungsschritt. Diesen Verbotscharakter untermauern kann beispielsweise auch die Modifikation der Hausordnung in Hinblick auf rechtsextreme, antisemitische und sonstige menschenfeindliche Verbote. So können derartige Äußerungen oder aber rechte Szenekleidung mit verfassungsfeindlichen Symbolen oder rechtsextreme Kleidungsmarken sowie Äußerungen explizit angesprochen und beurteilt werden. Insbesondere eine gemeinsame Erarbeitung dieser Hausordnungsergänzungen, die aufgrund der relativen Gestaltungsfreiräume im praktischen Philosophieunterricht besonders hier gut thematisiert werden können, kann den Charakter der gemeinsamen Übereinkunft noch einmal unterstreichen, das Vorgehen transparent machen und schon frühzeitig für diese Themen sensibilisieren. Auch im Kollegium sollten diese Maßnahmen besprochen werden, damit ein das Einhalten der Vereinbarungen und Vorschriften und ihre hohe Relevanz gemeinsam getragen werden.4

Neben diesen restriktiven Maßnahmen ist es sinnvoll, ganze Unterrichtsstunden oder gar eine Art Projekttag zu diesem Thema zu veranstalten, um eine tatsächliche und intensive Auseinandersetzung mit der Problematik zu vollziehen und so auch eine Nachvollziehbarkeit und die hohe Relevanz der administrativen Maßnahmen herzustellen. Diese Maßnahmen können je nach Härte des Verstoßes und Strafbarkeit der Vergehen, wie etwa beim Zeigen verfassungswidriger Symbole oder derartiger Äußerungen, von Gesprächen, schulischen Sanktionen, Disziplinarkonferenzen bis hin zu einer Strafanzeige reichen. Bedeutsam scheint es, den jeweiligen Fall ernstzunehmen und in angemessener Weise aufzufangen, entgegenzutreten und nicht den Anschein erwecken zu lassen, derartige Vorfälle könnten unkommentiert dastehen. Verfassungsfeindliche Tätigkeiten, in welcher Form auch immer, dürfen nicht vernachlässigt und unwidersprochen stehen gelassen werden. In Abhängigkeit davon, wie breit jene verfassungsfeindlichen Eigenschaften und Gesinnungen in der Klasse oder der Schule verbreitet sind, muss die Drastik der Reaktion angepasst werden. Sollten die rechtsextremen Sympathien in der betroffenen Klasse oder Stufe bereits breiter gestreut und verankert sein, kann das Einleiten rechtlicher Schritte schon früher sinnvoll sein, als beispielsweise dann, wenn solch eine Haltung isoliert steht.

Checkliste für den Problemfall

  • Informieren Sie sich: Was ist genau passiert?
  • Handeln I: Intervenieren Sie im Problemfall, stellen Sie Transparenz in Schule und Schulumfeld her.
  • Handeln II: Holen Sie sich ggf. Beratung und Hilfe von außen. Diskutieren Sie den Fall mit Schüler_innen: Seien Sie dabei gut informiert und argumentativ vorbereitet.
  • Beziehen Sie andere (nicht involvierte Schüler_innen) in die Diskussion ein. Entscheiden Sie: Womit habe ich es hier zu tun?
  • Kooperieren Sie mit Kolleg_innen und Schulleitung.
  • Ereignis melden: Über Landesamt für Schule und Bildung an das Staatsministerium für Kultus (Schulleitung kennt sächsische Meldeverfahren).
  • Bleiben Sie am Ball: Halten Sie nach Klärung des Problemfalls eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit der Thematik aufrecht. Dabei ist die Einbeziehung von anderen Lehrkräften und Eltern sinnvoll.4


Präventionsmöglichkeiten

Möchte man präventiv gegen fremdenfeindliche, rassistische und antisemitische Tendenzen tätig werden, ist es möglich auf ein breites Angebot der Kinder- und Jugendhilfe zurückzugreifen und sich so als Lehrkraft auch Unterstützung seitens freier Träger zu organisieren. Derartige Projekte werden meist vom Bund zumindest teilfinanziert, haben aber als Teil verschiedener Förderprogramme häufig auch eine begrenzte Laufzeit. Darüber hinaus gibt es Präventions- und Aufklärungsprogramme, die von privaten Trägern, wie beispielsweise der Amadeu Antonio Stiftung erarbeitet und gefördert werden.6

Auch hier kann es hilfreich sein, den Wunsch nach einer Stärkung der Antirassismusarbeit in die schulinternen Curricula oder etwa in die Pläne für Schulfeste oder Projekttage einfließen zu lassen. So kann insbesondere Demokratieförderung, die durch den bundespolitischen Entschluss zur Stärkung der Demokratieerziehung der Kultusministerkonferenz 2009 betont wird, fächerübergreifend immer wieder implizit und explizit behandelt werden. Das Betonen demokratischer Mitbestimmungsmöglichkeiten, die innerhalb der Schule, aber auch auf Bezirks- und Landesebene für Schülerinnen und Schüler bestehen, ist generell sinnvoll, erhöht den Grad der Partizipation und sicher auch das Demokratieverständnis, stellt aber sicher noch keine direkte Reaktion auf rechtsextremistische Äußerungen oder Vorfälle da. Diese demokratischen Strukturen können aber unter anderem auch dafür sinnvoll sein, ein antifaschistisches und tolerantes Miteinander auf verschiedenen Ebenen zu bemühen. Diese Interessenvertretungen können bei derartigen Vorkommnissen auch für Toleranz, Solidarität und gegen Rechtsextremismus auftreten und wirken, zusätzlich und anders, als es beispielsweise innerhalb einer gewöhnlichen Unterrichtsstunde möglich ist. So kann die SV über ihre Arbeit und über die Klassensprecher/innen als Multikplikator/innen auch für eine Basis agieren, die keinen Raum lässt für diskriminierende Äußerungen und Tätigkeiten einiger weniger Schülerinnen und Schüler und so zu einer Atmosphäre beitragen, die ein offen rechtsextremes Auftreten ächtet. Für Materialien zur antifaschistischen SV-Arbeit lohnt, gerade in NRW, sicher auch die Zusammenarbeit mit der Landesschüler*inennvertretung, die in diesem Bereich sensibel und geschult ist und der jeweiligen Schüler/innenvertretung sowohl mit Materialien, als auch mit Rat zur Seite stehen kann.7 Ebenso die Etablierung eines Klassenrats, der Raum gibt, um Vorkommnisse, die den Bereich der Diskriminierung, der rechtsextremen Äußerungen oder das Aufkommen rassistischer Ideologien und Meinungen in anderer Form, zu behandeln, ist sinnvoll. Durch eine solche Institution kann eine Art der Zusammenarbeit und Gesprächsbereitschaft etabliert werden, die das Verhärten von Kommunikationsfronten und die offene Diskriminierung erschwert und die eine gemeinsame Aufarbeitung und Infragestellung rechter Einflüsse einfacher ermöglicht.8

Generell muss für das Durchsetzen einer Prävention, die über die schlichte Demokratieförderung hinausgeht, sondern sich mit aktuellen und gefährlichen Tendenzen rechtsextremistischer Meinungsmache und Gewalttaten hinausgeht, aber Initiative seitens der Lehrkraft, der Lehrkräfte oder bestenfalls großer Teile des Kollegiums gezeigt werden, denn institutionell gefestigt sind dreierlei demokratiefördernde oder antirassistisch arbeitende Programme in der Regel nicht. Diese muss bewusst gewollt und initiiert werden. Häufig beginnt die Auseinandersetzung auch erst recht spät, zum Ende der Sekundarstufe I oder mit Beginn der SekundarstufeII. Möchte man schon früher präventiv tätig werden, bietet es sich an, die Zeit zu nutzen, die Ganztagsschulen zur Verfügung steht, möglicherweise kann im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften das Themenfeld bearbeitet werden und so einer breiteren Masse der Kinder getroffen werden als bei außerschulischen Angeboten. Auch Thementage und -abende können gestaltet werden, bei denen immer wieder die Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Trägern, mit Jugendbildungstätten und Museen, mit Zeitzeuginnen oder anderen Expertinnen und Experten sinnvoll ist.

Das Fach Philosophie oder Praktische Philosophie hat dabei den Vorteil, in vielen Fällen freier zu agieren und mehr Lebensweltbezugzu ermöglichen als es in vielen anderen Fällen der Fall ist. So ergibt es Sinn, aktuelle Vorkommnisse, politische und gesellschaftliche Debatten im Unterricht aufzugreifen und in verschiedener Form zu thematisieren, also als Phänomen in den Unterricht zu integrieren. Beispielsweise könnte schon im frühen Philosophieunterricht die Hetze gegen Geflüchtete thematisiert werden, etwa im Problemfeld „Wahrheit und Lüge“ und der beispielhaften Behandlung von Fake News. Weitere Anknüpfungspunkte werden im Verlauf dieses Artikels aufgezeigt.

Beispielhaft für die Möglichkeit zur präventiven Zusammenarbeit und projektmäßiger Förderung einer Positionierung gegen rechts, soll im Folgenden „Schule ohne Rasssismus - Schule mit Courage“ vorgestellt werden.

Schule gegen Rassismus - Schule mit Courage

Die Jugendinitiative „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ existiert auf europäischer Ebene und wurde bereits 1988 in Belgien gegründet. In Deutschland fand es 1995 durch den Verein Aktion Courage e.V. Initiative. Auch angesichts der zunehmenden rechtsextremen und rassistischen Gewalt, die sich zu Beginn der 1990er Jahre in äußerte, fand die Initiative, die bereits in den Niederlanden und inzwischen auch in Österreich und Spanien etabliert war und ist, auch in der Bundesrepublik Anwendung.9

Schulen, die das Projekt verwirklichen möchten, müssen zunächst eine Selbstverpflichtung abgeben und sich mehrheitlich darauf einigen, Rassismus aktiv zu begegnen und diesem vorzubeugen. In den verschiedenen Ländern wird dieses Grundkonzept unterschiedlich umgesetzt. Seit 2000 zielt das Projekt nicht nur auf die Bekenntnis zum Antifaschismus, sondern auch auf die Bekämpfung anderer Diskriminierung, wie aufgrund des Geschlechts, körperlicher, sexueller oder religiöser Merkmale, ab.

Um das Siegel „Schule gegen Rassismus - Schule mit Courage“ zu erhalten, müssen sich siebzig Prozent aller an der Schule lernenden oder arbeitenden Personen per Unterschrift dazu verpflichten, sich gegen jedwede Form der Diskriminierung einzusetzen und bei dem Aufkommen eines Falls künftig aktiv einzuschreiten. Zudem muss die Schule mindestens jährlich einen Projekttag zur Bekämpfung jener Diskriminierung durchführen. Darüber hinaus wird jede Schule durch eine Patin oder einen Paten unterstützt, der vor Erhalt des Titels gefunden werden muss.

2019 sind bereits über 3000 Schulen und vielfältige und Kooperationspartner an dem Projekt beteiligt.10

Rechtliches

Schule ist ein Ort, der Schülern und Schülerinnen Raum zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit bieten soll und sie motivieren soll autonom zu handeln, eine eigene Haltung zu entwickeln und ihre Meinung zu vertreten. In diesem Zusammenhang wird oftmals auf das Recht zur Meinungsfreiheit11 und auf die Notwendigkeit einer neutralen Position seitens der Lehrkräfte mit Hinblick auf politische und religiöse Ansichten verwiesen.Das Schulgesetz (SchulG) NRW beispielsweise untersagt eine "einseitige Beeinflussung der Schüler und Schülerinnen"12 und fordert eine unparteiliche Haltung von Lehrern und Lehrerinnen. An dieser Stelle sei jedoch darauf hingewiesen, dass Lehrkräfte ebenso der Wahrung und Erfüllung der Bildungs- und Erziehungsziele, welche sich auf das Grundgesetz und die Landesverfassung stützen, verschrieben sind.13 Diese besagen unter anderem, dass Schüler und Schülerinnen sich in Toleranz üben sollen und die Rechte ihrer Mitmenschen respektieren und wahren müssen:

„Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor der Würde des Menschen und Bereitschaft zum sozialen Handeln zu wecken, ist vornehmstes Ziel der Erziehung. Die Jugend soll erzogen werden im Geist der Menschlichkeit, der Demokratie und der Freiheit, zur Duldsamkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des anderen, zur Verantwortung für Tiere und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, in Liebe zu Volk und Heimat, zur Völkergemeinschaft und zur Friedensgesinnung."14

Schule soll ein Ort für Offenheit und Toleranz sein und die Lehrkräfte spielen eine essenzielle Rolle in der Kreierung und Erhaltung dieser Werte. Meinungsfreiheit und deren Ausübung gelten dementsprechend nur, wenn die Rechte anderer nicht verletzt werden. Verfassungsfeindliche Aussagen im Unterricht müssen demnach nicht einfach hingenommen werden von der Lehrkraft, sondern können und sollten thematisiert werden, damit die Schüler und Schülerinnen lernen können Vorurteile abzulegen, andere Meinungen anzuhören, die eigene Haltung zu reflektieren, die deutsche Verfassung und den Grundgedanken der Demokratie zu verstehen und dementsprechend zu handeln.15

Thematisierungsmöglichkeiten

Kontroverse und vor allem diskriminierende Themen, wie beispielsweise rechtsextremistisches Gedankengut, können besonders effektiv in gesellschaftswissenschaftlichen Unterrichtsfächern thematisiert werden, da sie einen Alltagsbezug und oftmals auch fachübergreifende Verbindungen herstellen, die den Schülern und Schülerinnen einen Zugang zu der Thematik erleichtern und einen differenzierten Wissenserwerb ermöglichen. Das Unterrichtsfach der Philosophie spielt hierbei eine zentrale Rolle, da den Schülern und Schülerinnen hier ein tiefer gehendes Verständnis von Argumentationsstrukturen und dem Vertreten eines Standpunktes beigebracht wird. Die Kompetenzen, welche Schüler und Schülerinnen in diesem Fach erlernen sollen, können ihnen maßgeblich dabei helfen, sich kritisch mit diskriminierenden Aussagen auseinanderzusetzen und Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Daher werden im Folgenden die Kernlehrpläne des Faches Philosophie kurz vorgestellt und die Thematisierungsmöglichkeiten von verfassungsfeindlicher Aussagen dargestellt. Folgende Kontextualisierungsmöglichkeiten beziehen sich auf die Kernlehrpläne des Bundeslandes Nordrhein-Westfalens, können aber in ähnlicher Form auch in den Kernlehrplänen anderer Bundesländer gefunden werden.

Kernlehrplan Sekundarstufe I für das Unterrichtsfach Praktische Philosophie

Kernlehrplan Sekundarstufe II für das Unterrichtsfach Philosophie

Sekundarstufe I: Praktische Philosophie

Schon unter den allgemein formulierten Bildungszielen der Praktischen Philosophie in der Sekundarstufe I werden die Menschenrechte, sowie die Landesverfassung und das deutsche Grundgesetz als die Grundlage für die Thematisierung von Wertvorstellungen und Sinnfragen festgelegt. Diese Basis soll als sittlich-moralische Orientierungshilfe dienen im Prozess einer eigenen Meinungsbildung.16 Der Kernlehrplan der Sekundarstufe I besagt zudem, dass dieser Prozess durch die Vermittlung von inhaltlichem Wissen, sowie methodischem Können, unterstützt werden muss:

„Der Unterricht bietet, ausgehend von den Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler, Sachinformationen, Instrumente und Verfahren an, Erfahrungen und Handlungen zu überprüfen, zu beurteilen und möglicherweise zu ändern. Dabei stehen das begründete Argument und das begründete Argumentieren im Mittelpunkt. Es gilt der zwanglose Zwang des besseren Arguments. Mit den Meinungen, Welt- und Wertorientierungen anderer ist respektvoll umzugehen; das „Überwältigungsverbot“ ist einzuhalten.“17

Hierbei sollten auch die Emotionen, sowie kulturelle oder soziale Bedürfnisse, der Schülerschaft berücksichtigt und reflektiert werden, da sie ihre Meinungsbildung maßgeblich beeinflussen können.18 Für den Unterricht bedeutet dies, dass auch schwierige und möglicherweise persönliche/emotionale Themen in einer Art und Weise thematisiert werden sollten, die den Schülern und Schülerinnen die Möglichkeit bietet selbstständig eine Haltung zu entwickeln, welche den Normen und Werten unserer Gesellschaft entspricht. Dieser Prozess kann die Lehrkräfte vor eine Vielzahl von Herausforderungen stellen. So besteht beispielsweise das Risiko, dass sich ein Schüler/eine Schülerin diskriminiert fühlt, oder sich vor gültigen Argumenten verschließt, aufgrund einer voreingenommenen Haltung, die auf den Gefühlen der betreffenden Person basiert. Unterschiedliche Methoden und Arbeitstechniken können an dieser Stelle helfen, verschiedene Zugänge zu einer Thematik zu schaffen und sie differenziert und reflektiert zu betrachten:

„Der Unterricht im Fach Praktische Philosophie vermittelt dafür das methodische Instrumentarium, die erforderlichen Kenntnisse, Strategien und Arbeitstechniken. Er orientiert sich am sokratischen Methodenparadigma eines dialogischen Philosophierens und berücksichtigt dabei phänomenologische, hermeneutische, analytische, dialektische und spekulative Zugänge.“19

Inhaltlich bieten vor allem die Fragenkreise 1-4, welche sich mit dem Selbst, den Anderen, dem guten Handeln und Recht, Staat und Wirtschaft beschäftigen, die Möglichkeit verfassungsfeindliche Aussagen zu thematisieren.20 Hierbei können vor allem Werte wie Toleranz und Offenheit gegenüber unseren Mitmenschen und eine demokratische Grundhaltung vermittelt werden. Sollten solche Aussagen in einem anderen Kontext im Unterricht fallen, ist eine Behandlung der Thematik natürlich dennoch sinnvoll. In dem Lernprozess müssen stets drei unterschiedliche Perspektiven berücksichtigt werden: Die personale, die gesellschaftliche und die Ideen-Perspektive.21 Diese drei Perspektiven sollen den Schülern und Schülerinnen eine Erweiterung und Schulung der persönlichen und sozialen Kompetenz, sowie ihrer Sach- und Methodenkompetenz, ermöglichen.22 Eine möglichst starke Involvierung der Schüler und Schülerinnen in die Unterrichtsgestaltung und insbesondere bei der Thematisierung von schwierigen Themen, wie beispielsweise der Behandlung von verfassungsfeindlichen Aussagen, sollte hierbei im Fokus stehen.23 Diskriminierende Aussagen können beispielsweise in der 5. bis 6. Klasse im Kontext des 4. Fragenkreises behandelt werden, welcher sich mit Regeln und Gesetzen beschäftigt.24 In der 7./8. Klasse kann eine Behandlung verfassungsfeindlicher Äußerungen thematisch an den Fragenkreis 2 oder 4 angeknüpft werden, wenn die Schüler und Schülerinnen sich mit dem Thema Begegnungen mit Fremden und Gewalt und Aggression auseinandersetzen.25 Während diese Thematik in den Jahrgangsstufen 9 und 10 vor allem an die Fragenkreise 2 bis 4 angeknüpft werden kann, welche sich auf die Unterthemen Rollen- und Gruppenverhalten, Freiheit und Verantwortung, sowie Völkergemeinschaft und Frieden fokussieren.26 Die zuvor genannten Fragenkreise und ihre Unterthemen finden sich sowohl im Kernlehrplan für Haupt- und Real-, sowie Gesamtschulen und Gymnasien wieder.

Sekundarstufe II: Philosophie in der Gymnasialen Oberstufe des Gymnasiums und der Gesamtschule

Der Kernlehrplan der Sekundarstufe II erklärt das Unterrichtsfach Philosophie und die Gesellschaftswissenschaften im Allgemeinen ebenfalls als verantwortlich für die Vermittlung eines demokratischen Grundverständnisses:

„Die Fächer des gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeldes leisten einen gemeinsamen Beitrag zur Entwicklung von Kompetenzen, die das Verstehen der Wirklichkeit sowie gesellschaftlich wirksamer Strukturen und Prozesse ermöglichen und die Mitwirkung in demokratisch verfassten Gemeinwesen unterstützen sollen.“27

Werte und Normen müssen demnach in einer Form thematisiert und reflektiert werden, die es den Schülern und Schülerinnen ermöglicht, sich ihre soziale Verantwortung bewusst zu machen und ein Verständnis für die Welt und die Gesellschaft zu schaffen.28 Eine starke Schülerzentrierung, aktuelles und lebensnahes Unterrichtsmaterial und eine Methodenvielfalt unterstützen diesen Entwicklungs- und Lernprozess. Wichtig ist es, zu beachten, dass es sich hierbei nicht um die reine Vermittlung von Wissen handelt, sondern um einen fachübergreifenden Kompetenzenerwerb, der über den Unterricht hinaus geht und Schüler und Schülerinnen hin zu autonom denkenden und handelnden Menschen erziehen soll. Das Ziel des Unterrichts wird von dem Kernlehrplan der Sekundarstufe II als „die Befähigung zur philosophischen Problemreflexion29 bezeichnet, was unter anderem argumentatives Methodenwissen und eine reflexive Grundhaltung von der Schülerschaft erfordert. Grund- und Leistungskurse unterscheiden sich in diesem Punkt nur hinsichtlich des Differenzierungsgrades und Umfangs der Materie.30 Inhaltlich können verfassungsfeindliche Aussagen besonders gut mit Bezug zu folgenden Inhaltsfeldern des Kernlehrplanes kontextualisiert und kritisch diskutiert werden: Inhaltsfeld 1 Der Mensch und sein Handeln, Inhaltsfeld 4 Werte und Normen des Handelns und Inhaltsfeld 5 Zusammenleben in Staat und Gesellschaft.31 Hier setzen sich die Schüler und Schülerinnen mit Themen auseinander wie „[der] Gültigkeit moralischer Maßstäbe im interkulturellen Kontext und […] Grenzen staatlichen Handelns angesichts des Freiheitsstrebens des Individuums […]“32 , „[den] Grundsätze des menschlichen Zusammenlebens“33 und der Frage nach „sozialer Gerechtigkeit und Frieden“34.

Die Kompetenzen, welche Schüler und Schülerinnen im Philosophieunterricht erwerben und schulen sollen, können ebenfalls hilfreich sein bei der Auseinandersetzung mit beispielsweise rechtspopulistischen Äußerungen. So kann die Fähigkeit ein Phänomen zunächst vorurteilsfrei zu beschreiben als Grundlage für eine Diskussion dienen, die es der Schülerschaft ermöglicht sich selbstständig ein Verständnis vom Umfang der jeweiligen Problematik zu verschaffen und eine Haltung einzunehmen, ohne eine „verfrühte Klassifizierung“35. Dies bedeutet im Umkehrschluss auch, dass Unterrichtsgespräche und die Behandlung einer solchen Thematik die Kompetenzen der Schüler und Schülerinnen erweitern. Für den Unterricht heißt dies, dass emotionale und kontroverse Themen, wie verfassungsfeindliche Äußerungen, auch anfänglich auf einer sachlicheren Ebene oder unter Berücksichtigung verschiedener Perspektiven betrachtet werden können, um anschließend zu einem differenzierten Verständnisses und einer eigenen Position zu gelangen. Eine sachlichere Ebene kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass diese alltägliche Problematik zunächst von einem theoretischen, philosophischen Gesichtspunkt aus betrachtet wird. So könnte beispielsweise der Kategorische Imperativ von Immanuel Kant behandelt und diskutiert werden und mit diesem Wissen als Grundlage eine verfassungswidrige Handlung kritisch hinterfragt werden. Für den Perspektivwechsel bieten sich unter anderem Gedankenexperimente und fiktive Dilemmata an, die eine Problematik von einer anderen Seite darstellen können.36 Die Lehrkraft sollte also im Zuge einer Diskussion von verfassungsfeindlichen Aussagen vor allem die Sach-, Methoden-, Urteils- und Handlungskompetenzen der Schüler und Schülerinnen fordern und fördern, die sie eine differenzierte Betrachtung einer Problematik erst ermöglichen.37

Zur Methodenauswahl

Im Folgenden werden einige exemplarische Gesprächs- und Gestaltungsmöglichkeiten dargestellt, die helfen können, einen Perspektivwechsel zu vollziehen, voreingenommene Positionen zu vermeiden und Argumente gegeneinander abzuwägen und zu bewerten. Sie unterstützen den Lernprozess der Schüler und Schülerinnen und befähigen sie, sich selbstständig eine Meinung zu kontroversen und ggf. emotionalen Themen zu bilden. Hierbei nimmt die Lehrkraft bestenfalls eine leitende, aber passivere Rolle ein und unterstützt die Schüler und Schülerinnen lediglich, anstatt explizite Wertvorstellungen vorzugeben. Wichtig ist, dass die Lehrkraft stets für ein vertrauensvolles Miteinander sorgt, die Äußerungen ihrer Schüler und Schülerinnen ernst nimmt und auf sie eingeht, beziehungsweise Mitschülern/schülerinnen die Gelegenheit dazu gibt. Werte wie Toleranz und Offenheit, die auch vom Schulgesetz NRW und den Kernlehrplänen als Basis des schulischen Alltags bezeichnet werden, sollten im Unterricht ebenfalls die Grundlage für jegliche Interaktionen und Gesprächsformen bilden.38 Die vorgestellten Methoden beziehen sich auf den Philosophieunterricht, können jedoch in leicht abgewandelter Form auch in anderen Unterrichtsfächern eingesetzt werden.

Diskussionen

Diskussionen gehören wohl zu den geläufigsten Gesprächsformen im Philosophieunterricht. Sie bieten eine Möglichkeit zum Meinungsaustausch und sollen möglichst viele Schüler und Schülerinnen gleichzeitig aktivieren und in das Unterrichtsgeschehen involvieren. Das [neo-sokratische Gespräch ] entwickelt von den deutschen Philosophen Leonard Nelson und Gustav Heckmann ist eine besonders effektive Form der Diskussionsführung, da die Schülerzentrierung und autonomes Denken seitens der Schülerschaft im Fokus steht und die Lehrkraft nur gering Einfluss nimmt auf diesen Prozess.39 Die Schüler und Schülerinnen stellen bei einem sokratischen Gespräch eigenständig eine philosophische Fragestellung auf und diskutieren sie, indem sie miteinander argumentieren und die verschiedenen Positionen gegeneinander abwägen, um anschließend zu einer Einigung oder zumindest einem Fazit kommen.40 Dies hat zum Vorteil, dass die Schüler sich die Normen und Werte unserer Gesellschaft selbst vergegenwärtigen und sie reflektieren. Im Falle einer Behandlung einer rechtspopulistischen Aussage könnten die Schüler und Schülerinnen so beispielsweise selbstständig eine philosophische Fragestellung zur Freiheit der Menschen aufstellen- Wo fängt meine persönliche Freiheit an und wo hört sie auf? Welche Grenzen müssen der Freiheit gesetzt werden für ein friedliches Zusammenleben in der Gesellschaft? Was bedeutet Freiheit? Die Ergebnisse dieser Diskussion können sie dann auf das anfängliche Beispiel zurück beziehen und die Problematik aus einer philosophischen Sichtweise (Ideen-Perspektive41) heraus betrachten. Allerdings setzt diese Methode bereits Grundkenntnisse im Philosophieren voraus, d.h. die Schüler und Schülerinnen sollten bereits methodische Kenntnisse in diesem Bereich besitzen.42 Des Weiteren besteht die Gefahr, dass die Schülerschaft von der eigentlichen Thematik stark abweicht oder zu keinem Ergebnis kommt. In diesen Fällen können weitere Arbeitsaufträge angeschlossen werden, wie zum Beispiel eine begründetet Verschriftlichung der eigenen Position, die in den folgenden Unterrichtsstunden mit diversen philosophischen Denkansätzen verglichen werden kann. Auch wenn das Ergebnis eines neo-sokratischen Gesprächs also nicht eindeutig von der Lehrkraft vorhergesehen werden kann, schult es durch die starke Schülerzentrierung- und Aktivierung dennoch die methodischen Kompetenzen der Schüler und Schülerinnen, indem sie miteinander argumentieren und philosophieren. Zudem erweitert es ihre Sachkompetenz möglicherweise nachhaltiger, da sie sich die Materie eigenständig erarbeiten müssen und bei der Ergebnissicherung wird anschließend ebenfalls ihre Urteilskompetenz geschult.43

Schreibgespräche

Schreibgespräche eignen sich ebenfalls zur Thematisierung von kontroversen und ggf. emotionalen Themen, da sie aufgrund ihres Aufbaus für eine ruhige Atmosphäre in der Klasse sorgen und alle Schülerinnen und Schüler miteinbeziehen. Die Schüler und Schülerinnen können hierbei schriftlich zu einer Frage Stellung nehmen und Meinungen miteinander austauschen. Diese Methode hat zum Vorteil, dass auch zurückhaltendere Schüler und Schülerinnen dazu motiviert werden, sich mit ihren Mitschülern/schülerinnen auszutauschen. Zudem kann diese Methode auch gleichzeitig als eine Form der Ergebnissicherung fungieren, da die Schüler und Schülerinnen ihre Meinungen und weitere Kommentare schriftlich auf einem Plakat festhalten, welches für anschließende Unterrichtsstunden erneut gebraucht werden kann.44 Verwendet man diese Form der Kommunikation um beispielsweise diskriminierende Äußerungen zu diskutieren, sollte die Lehrkraft den Schreibprozess allerdings sorgfältig überwachen, da die Gefahr besteht, dass einige Schüler oder Schülerinnen die Aufgabe nicht ernst genug nehmen. Eine Präsentation oder/und Diskussion der zusammengetragenen Standpunkte ist essenziell für eine Weiterarbeit innerhalb der Thematik. Schreibgespräche ermöglichen nicht nur den Schülern und Schülerinnen einen differenzierteren Blick auf eine Thematik, sondern erleichtern es zusätzlich der Lehrkraft die individuellen Meinungen und Haltungen ihrer Schüler und Schülerinnen nachzuvollziehen und zu würdigen.

Fabeln und Kurzgeschichten

Vor allem jüngeren Schülern und Schülerinnen können Fabeln und Kurzgeschichten einen guten Einstieg in problematische Themenbereiche bieten,da sie komplexe Inhalte vereinfacht und anschaulich darstellen, die Fantasie der Schüler und Schülerinnen anregen und ihre Kreativität fördern.45 So können verfassungsfeindliche Äußerungen, die in ihrem Ursprung mit starken negativen Gefühlen, wie beispielsweise Neid, verwurzelt sind, diskutiert werden. Die Schüler und Schülerinnen machen sich in diesem Fall zunächst die jeweilige Emotion und ihre Charakteristika bewusst und lernen ihre Ursachen zu erkennen, indem sie eine Kurzgeschichte oder Fabel lesen, die dieses Gefühl zum Thema hat. Dies ermöglicht ihnen diskriminierende Äußerungen hinsichtlich ihres Ursprungs und ihrer Gültigkeit kritisch zu hinterfragen.





1. Kulturbüro Courage!: Informationen zum Umgang mit Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, Rassismus und Ideologien der Ungleichwertigkeit an Schulen, Dresden 2018.

2. Vgl. Kulturbüro Courage!: Informationen zum Umgang mit Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, Rassismus und Ideologien der Ungleichwertigkeit an Schulen, Dresden 2018, S. 9.

3. Vgl. ebd., S.10.

4. Vgl. Michael Hammerbecher: Intervention und Prävention gegen Rechtsextremismus an Schulen, Berlin 2012, 8-12.

5. Vgl. Kulturbüro Courage!: Informationen zum Umgang mit Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, Rassismus und Ideologien der Ungleichwertigkeit an Schulen, Dresden 2018, S. 9.

6. Vgl.Frank Gretel: Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland – Ansätze der pädagogischen Prävention, Berlin 2012, S. 3-4.

7. Vgl. ebd., S. 2-4.

8. Vgl. ebd., S. 5f.

9. Vgl. Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage, auf: https://m.schule-ohne-rassismus.org/startseite/ .

10. Vgl. ebd.

11. Vgl. SchulG NRW, 2005 (Stand 2013), §45 Abschnitt(1).

12. ebd. §2 Abschnitt (6).

13. Vgl. ebd, §2 Abschnitt(1).

14. ebd. §2 Abschnitt(2).

15. Vgl. ebd. § 2 Abschnitt(5).

16. Vgl. Kernlehrplan Praktische Philosophie Sek I, NRW, 2008, S. 9f.

17. ebd. S.10.

18. Vgl. ebd. S.10.

19. ebd. S.10.

20. ebd. S.12.

21. ebd. S.13.

22. Vgl. ebd. S.12.

23. Vgl. ebd. S.16.

24. Vgl. ebd. S.20.

25. Vgl. ebd. S.23.

26. Vgl. ebd. S.26.

27. Kernlehrplan Philosophie Sek II, NRW, 2013, S.10.

28. Vgl. ebd. S.10.

29. ebd. S.11.

30. Vgl. ebd. S.12.

31. Vgl. ebd. S.16ff.

32. ebd. S.16ff.

33. ebd. S.17.

34. ebd. S.18.

35. ebd. 19.

36. Vgl. ebd. S.20.

37. Vgl. ebd. S.53ff.

38. Vgl. SchulG NRW, 2005 (Stand 2013), §2 Abschnitt (6).

39. Vgl. Pfister, Jonas. 2014 (2.Auflage). Fachdidaktik Philosophie. Haupt Verlag: Bern. S.48.

40. Vgl. ebd. S.48f.

41. Vgl. Kernlehrplan Praktische Philosophie Sek I, NRW, 2008, S.11.

42. Vgl. Pfister, Jonas. 2014 (2.Auflage). Fachdidaktik Philosophie. Haupt Verlag: Bern. S.49.

43. Kernlehrplan Philosophie Sek II, NRW, 2013. S.53ff.

44. Vgl. Pfister, Jonas. Zimmermann, Peter (Hrsg.). 2016. Neues Handbuch des Philosophie-Unterrichts. Haupt Verlag: Bern. S.234.

45. Pfister, Jonas. 2014 (2. Auflage). Fachdidaktik Philosophie. Haupt Verlag: Bern. S.91.