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Das Gedicht befasst sich, wie bereits inhaltlich im Titel „Untreu“ deutlich wird, mit einem Betrug. Hierbei wird das lyrische Ich von seiner Frau betrogen, was sich am „Kleidsaum“(V. 10) dieser erkennen lässt. Somit ist das lyrische Ich, da das Gedicht zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschrieben wurde, zwangsläufig eine männliche Person. In diesem Kontext setzt das Gedicht mit dem Vers „Dein Lächeln weint in meiner Brust“(V. 1) ein. Hierbei spricht das lyrische Ich seine Frau im Possessivpronomen „Dein“(ebd. ) konkret an, wodurch die enge Bindung und ihre Beziehung zueinander in Teilen zum Ausdruck kommt. Auffallend ist dabei jedoch, dass er das „Lächeln“(V. 1), worauf sich das „dein“ bezieht, personifiziert und es somit gewissermaßen unabhängig von seiner Frau agierend darstellt. Durch diese Projektion der Taten auf Dinge, die zwar zu seiner Frau gehören, dieser jedoch nicht im Gesamten entsprechen, wird sein Unverständnis an ihrer Untreue deutlich. Das lyrische Ich sucht somit eine Art Ausrede, um die Wahrheit nicht zu sehen, weshalb er seiner Frau nur geminderte Schuld zuspricht. Dies zeugt jedoch eher von seiner Verzweiflung, als davon, seine Frau schützen zu wollen. Eben diese Verzweiflung und somit auch seine innere Zerrissenheit lassen sich in der Antithese des Verses in „Dein Lächeln weint“(V. 1) wiederfinden. Da eben dieses Weinen „in meiner Brust“ stattfindet, wie das lyrische Ich es hier ausdrückt, wird deutlich, wie sehr das lyrische Ich leidet. Hierbei steht die Brust für das Herz, welches ihm schmerzt, wenn er seine Frau mit einem anderen glücklich sieht, was hier im metaphorisch gemeinten Verb „weinen“(ebd. ) ausdrücklich wird. Somit besteht die Antithetik zwischen der Frustration des Mannes - dem lyrischen Ich und der glücklichen Frau. Diese Antithetik setzt sich auch in den folgenden Versen weiter fort, in welchen das lyrische Ich die Situation des Betrugs an ihm schildert. „Die glutverbissnen Lippen eisen“(V. 2) stellt so einen Kontrast von Hitze und Kälte dar, die sich auf die Leidenschaft der Frau beziehen lassen. Wo sie mit ihrer Affäre noch Leidenschaft empfunden hatte, ist sie in Bezug auf ihren Mann sehr gefühlskalt und in diesem Sinne unglücklich. Besonders wird ihr Unwohlsein in der Situation jedoch durch die „verbissnen Lippen“(ebd. ) gegenwärtig. Insgesamt steht hier also die Vergänglichkeit von Emotionen im Fokus. Dies setzt sich auch im metaphorischen Vers „Im Atem wittert Laubwelk!“(V. 3) fort, in welchem das „Laubwelk“(ebd. ) symbolischen für den Herbst als Zeichen der Vergänglichkeit steht. Da dies auf den „Atem“(ebd. ) bezogen wird, zeigt der Vers im Gesamten die Kurzweiligkeit eines Moments. In diesem Zusammenhang also die Kurzlebigkeit der Affäre, des guten Gefühls der Ehefrau oder gar die Vergänglichkeit der Liebe. Somit wird hierin auch akzentuiert, dass das Ende der Beziehung naht. Das Ausrufezeichen am Satzende unterstreicht dabei die Endgültigkeit der Aussage und somit auch die Engültigkeit für das lyrische Ich, dass die Beziehung hier ein Ende findet. Im Gegensatz dazu steht jedoch im Gedicht fortwährend die Linderung der Schuld der Frau, indem „Die […] Lippen“(V. 2) oder aber hier der „Atem“(V. 3) als schuldig akzentuiert werden. Somit ist das lyrische ich sich der Vergänglichkeit der Liebe und ihrer Beziehung bewusst, will diese Erkenntnis jedoch noch nicht als wahr ansehen und sucht so aus Verzweiflung heraus nach Ausreden. Eben diese Verzweiflung und Verwirrung zeigen sich auch im nicht-vorhandenen Reimschema und den nicht vorhandenen Strophen. Zugleich wirkt die Verslänge durch ihre Verschiedenheit sehr wirr und willkürlich, wodurch der Schock des lyrischen Ichs gestärkt wird. Betrachtet man jedoch das Metrum des Gedichts, so fällt ein die Enjambements durchziehender Trochäus auf, der gewissermaßen die Zwangsläufigkeit oder gar Normalität des Vergänglichen ausdrückt. | Das Gedicht befasst sich, wie bereits inhaltlich im Titel „Untreu“ deutlich wird, mit einem Betrug. Hierbei wird das lyrische Ich von seiner Frau betrogen, was sich am „Kleidsaum“(V. 10) dieser erkennen lässt. Somit ist das lyrische Ich, da das Gedicht zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschrieben wurde, zwangsläufig eine männliche Person. In diesem Kontext setzt das Gedicht mit dem Vers „Dein Lächeln weint in meiner Brust“(V. 1) ein. Hierbei spricht das lyrische Ich seine Frau im Possessivpronomen „Dein“(ebd. ) konkret an, wodurch die enge Bindung und ihre Beziehung zueinander in Teilen zum Ausdruck kommt. Auffallend ist dabei jedoch, dass er das „Lächeln“(V. 1), worauf sich das „dein“ bezieht, personifiziert und es somit gewissermaßen unabhängig von seiner Frau agierend darstellt. Durch diese Projektion der Taten auf Dinge, die zwar zu seiner Frau gehören, dieser jedoch nicht im Gesamten entsprechen, wird sein Unverständnis an ihrer Untreue deutlich. Das lyrische Ich sucht somit eine Art Ausrede, um die Wahrheit nicht zu sehen, weshalb er seiner Frau nur geminderte Schuld zuspricht. Dies zeugt jedoch eher von seiner Verzweiflung, als davon, seine Frau schützen zu wollen. Eben diese Verzweiflung und somit auch seine innere Zerrissenheit lassen sich in der Antithese des Verses in „Dein Lächeln weint“(V. 1) wiederfinden. Da eben dieses Weinen „in meiner Brust“ stattfindet, wie das lyrische Ich es hier ausdrückt, wird deutlich, wie sehr das lyrische Ich leidet. Hierbei steht die Brust für das Herz, welches ihm schmerzt, wenn er seine Frau mit einem anderen glücklich sieht, was hier im metaphorisch gemeinten Verb „weinen“(ebd. ) ausdrücklich wird. Somit besteht die Antithetik zwischen der Frustration des Mannes - dem lyrischen Ich und der glücklichen Frau. Diese Antithetik setzt sich auch in den folgenden Versen weiter fort, in welchen das lyrische Ich die Situation des Betrugs an ihm schildert. „Die glutverbissnen Lippen eisen“(V. 2) stellt so einen Kontrast von Hitze und Kälte dar, die sich auf die Leidenschaft der Frau beziehen lassen. Wo sie mit ihrer Affäre noch Leidenschaft empfunden hatte, ist sie in Bezug auf ihren Mann sehr gefühlskalt und in diesem Sinne unglücklich. Besonders wird ihr Unwohlsein in der Situation jedoch durch die „verbissnen Lippen“(ebd. ) gegenwärtig. Insgesamt steht hier also die Vergänglichkeit von Emotionen im Fokus. Dies setzt sich auch im metaphorischen Vers „Im Atem wittert Laubwelk!“(V. 3) fort, in welchem das „Laubwelk“(ebd. ) symbolischen für den Herbst als Zeichen der Vergänglichkeit steht. Da dies auf den „Atem“(ebd. ) bezogen wird, zeigt der Vers im Gesamten die Kurzweiligkeit eines Moments. In diesem Zusammenhang also die Kurzlebigkeit der Affäre, des guten Gefühls der Ehefrau oder gar die Vergänglichkeit der Liebe. Somit wird hierin auch akzentuiert, dass das Ende der Beziehung naht. Das Ausrufezeichen am Satzende unterstreicht dabei die Endgültigkeit der Aussage und somit auch die Engültigkeit für das lyrische Ich, dass die Beziehung hier ein Ende findet. Im Gegensatz dazu steht jedoch im Gedicht fortwährend die Linderung der Schuld der Frau, indem „Die […] Lippen“(V. 2) oder aber hier der „Atem“(V. 3) als schuldig akzentuiert werden. Somit ist das lyrische ich sich der Vergänglichkeit der Liebe und ihrer Beziehung bewusst, will diese Erkenntnis jedoch noch nicht als wahr ansehen und sucht so aus Verzweiflung heraus nach Ausreden. Eben diese Verzweiflung und Verwirrung zeigen sich auch im nicht-vorhandenen Reimschema und den nicht vorhandenen Strophen. Zugleich wirkt die Verslänge durch ihre Verschiedenheit sehr wirr und willkürlich, wodurch der Schock des lyrischen Ichs gestärkt wird. Betrachtet man jedoch das Metrum des Gedichts, so fällt ein die Enjambements durchziehender Trochäus auf, der gewissermaßen die Zwangsläufigkeit oder gar Normalität des Vergänglichen ausdrückt. | ||
− | An diesen ersten groben Sinnabschnitt (V. 1-3) anschließend schildert das lyrische Ich die Reaktion der Frau, nennt jedoch stets noch personifizierte Dinge, die zu seiner Frau gehören, anstatt diese selbst im Kontext der Affäre zu nennen. In „Dein Blick versargt/ Und/ Hastet polternd Worte drauf“(V. 4 ff.) wird so nicht nur der Schock des lyrischen Ichs, sondern auch der der Frau deutlich. Eben dieser Schock wird im Neologismus „versargt“(ebd. ) deutlich, welcher das innerliche Gefühl der Frau ausdrückt, die sich in diesem Moment dem Tod nahe fühlt, indem sie in eine ihr unannehmliche Situation geraten ist. Metaphorisch könnte man diesen Neologismus mit einer Art Vertrüben des Blicks gleichsetzen. Um die Situation irgendwie zu rechtfertigen, „Hastet [sie] polternd Worte drauf“(V. 6). Das hierbei verwendete Verb „hasten“(ebd. ) und das Adjektiv „polternd“(ebd. ) wirken sehr hektisch und nervös, wodurch die Unbeholfenheit der Frau deutlich wird. Zugleich zeigt das Gesamtbild aber auch die Schnelligkeit und das Chaos der gesamten Situation. Zuletzt „Vergessen/ Bröckeln nach die Hände!“(V. 7 f. ) der Frau, wodurch noch einmal ihr Schockzustand unterstrichen wird. Die Metapher in „Bröckeln“(ebd. ) weist dabei darauf hin, dass die Frau sich ihrem Fehler erst langsam bewusst wird und die Tatsache, dass ihr Mann über ihre Affäre Bescheid weiß erst langsam realisiert. Da dieser Satz, wie auch der dritte Vers einen Ausruf darstellt, wird das Bewusstsein des lyrischen Ichs deutlich, der nun über den Betrug seiner Frau Bescheid weiß. Somit stellt die Gesamtsituation nicht nur einen Schock ihrerseits, sondern einen beider Anteil-nehmenden dar. | + | An diesen ersten groben Sinnabschnitt (V. 1-3) anschließend schildert das lyrische Ich die Reaktion der Frau, nennt jedoch stets noch personifizierte Dinge, die zu seiner Frau gehören, anstatt diese selbst im Kontext der Affäre zu nennen. In „Dein Blick versargt/ Und/ Hastet polternd Worte drauf“(V. 4 ff.) wird so nicht nur der Schock des lyrischen Ichs, sondern auch der der Frau deutlich. Eben dieser Schock wird im Neologismus „versargt“(ebd. ) deutlich, welcher das innerliche Gefühl der Frau ausdrückt, die sich in diesem Moment dem Tod nahe fühlt, indem sie in eine ihr unannehmliche Situation geraten ist. Metaphorisch könnte man diesen Neologismus mit einer Art Vertrüben des Blicks gleichsetzen. Um die Situation irgendwie zu rechtfertigen, „Hastet [sie] polternd Worte drauf“(V. 6). Das hierbei verwendete Verb „hasten“(ebd. ) und das Adjektiv „polternd“(ebd. ) wirken sehr hektisch und nervös, wodurch die Unbeholfenheit der Frau deutlich wird. Zugleich zeigt das Gesamtbild aber auch die Schnelligkeit und das Chaos der gesamten Situation. Zuletzt „Vergessen/ Bröckeln nach die Hände!“(V. 7 f. ) der Frau, wodurch noch einmal ihr Schockzustand unterstrichen wird. Die Metapher in „Bröckeln“(ebd. ) weist dabei darauf hin, dass die Frau sich ihrem Fehler erst langsam bewusst wird und die Tatsache, dass ihr Mann über ihre Affäre Bescheid weiß erst langsam realisiert. Da dieser Satz, wie auch der dritte Vers einen Ausruf darstellt, wird das Bewusstsein des lyrischen Ichs deutlich, der nun über den Betrug seiner Frau Bescheid weiß. Somit stellt die Gesamtsituation nicht nur einen Schock ihrerseits, sondern einen beider Anteil-nehmenden dar. Zuletzt geht das lyrische Ich noch auf ein konkretes Symbol der Untreue seiner Frau ein. In „Frei/ Buhlt dein Kleidsaum/ Schlenkrig/ Drüber rüber!“(V. 9 ff.) wird dabei die Bewegung des Rocks geschildert, der durch die Affäre wie gelöst ist, bzw. die Frau „Frei“(ebd. ) macht. In diesem Sinne steht dieser Vers, der nur aus einem Adjektiv besteht, für die Freiheit der Frau, die sie sich genommen hat, aber gewissermaßen auch für die dadurch entstandene Loslösung von der Liebe und somit auch von ihrem Mann. Auffallend ist in den folgenden Worten dabei auch die Wortwahl des Mannes/lyrischen Ichs, der durch „buhlen“(V. 10) ein eher abwertendes Verb nutzt, welches das Werben um einen Partner beschreibt. Auch hier bezieht er diese Tat jedoch nicht auf seine Frau, sondern auf ihr Kleidungsstück, wodurch ihr gedanklich erneut ein Teil der Schuld genommen wird. Eben dieser „Kleidsaum“(V. 10) sei dabei „Schlenkrig“(V. 11), was umgangssprachlich die Bewegung des Rockes darstellt und so im Zusammenhang der Aussage die Freizügigkeit der Frau unterstreicht. Insgesamt wird hier dabei durch die eher abwertende Wortwahl des lyrischen Ichs auch ein gewisser Grad an Wut über das Vergehen seiner Frau deutlich, die er aber wieder an Objekten oder Körperteilen seiner Frau auslässt, jedoch nicht ihrem Gewissen oder ihrem Charakter zuspricht. Somit wird ihr die Schuld durch das lyrische Ich nur oberflächlich zuteil. Der Ausruf endet letztlich mit den Worten „Drüber rüber!“(V. 12), welche erneut das Wehen des Rockes darstellen. Hierbei wird erneut das Vergehen der Frau deutlich, indem die Worte erneut die Freizügigkeit der Frau unterstreichen. Betrachtet man diese Tatsache im Kontext der Verwirrung und Verzweiflung des lyrischen Ichs, so unterstreicht die darin vorhandene Wortwiederholung eben diese Verwirrung noch einmal, zeigt aber auch, dass das lyrische Ich langsam versteht, was geschehen ist und so auch die Vergänglichkeit seiner Liebe anerkennt. Eben diese Vergänglichkeit der Liebe und des Vertrauens, mit der sich das Gedicht befasst, wird außerdem in den Verben „versargen“(V. 4)[Neologismus], „bröckeln“(V. 8) und dem Nomen „Laubwelk“(V. 3) deutlich, die auch durch die Unbeständigkeit des Versmaßes gestützt werden. |
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+ | Insgesamt befasst das Gedicht sich daher mit der Treuelosigkeit innerhalb einer Beziehung, hier spezifisch einer Partnerschaft, und so auch mit der Vergänglichkeit einer solchen. Die Vergänglichkeit der Liebe wird dabei besonders durch einen etwas chaotischen Aufbau des Gedichts definiert, der auch die Verwirrung und Verzweiflung des lyrischen Ichs unterstreicht, der seine Liebe durch deren Untreue verloren hat. Um eben diese Affäre im Kontrast zur Emotionslosigkeit zum Mann darzustellen werden im Text besonders zu Beginn einige Kontraste genutzt, die das Empfinden der Frau in den Vordergrund rücken. Betrachtet man jedoch die Schuldfrage um den Betrug, so scheint das lyrische Ich im Gesamten hilflos und personifiziert so viele Dinge, die Teile seiner Frau sind, erkennt sie als Ganzes jedoch nie als schuldig an. Dass er sich ihrer Tat jedoch dennoch bewusst ist, zeigen zusammenfassend die Ausrufe oder aber auch der, die Verse übergreifende Trochäus, der dem Akt durch seine Monotonie Normalität zuspricht. |
Version vom 28. November 2018, 11:53 Uhr
August Stramm, Untreu
Anne
Das expressionistische Gedicht "Untreu", geschrieben von August Stramm und veröffentlicht 1915, thematisiert die Achtlosigkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen und somit die Vergänglichkeit dieser.
Schon die Überschrift "Untreu" leitet in die Situation ein, in der das lyrische Ich von einer Frau betrogen wird. Dass es sich um eine Frau handelt ist an dem "Kleidsaum"(V.10) erkennbar. Das Gedicht setzt ein mit dem Possessivpronomen "Dein"(V.1) ein. Diese persönliche Ansprache weißt auf eine gewisse Vertrautheit zwischen dem lyrischen Ich und der Person hin. Außerdem richtet sich das Gedicht somit nur an die Frau. Die Personifikation "Lächeln weint" ist zugleich ein Paradoxon und lässt sich, in Verbindung mit der "Brust"(V.1), die metaphorisch für das Herz des lyrischen Ichs steht, auf den innerlichen Schmerz des lyrischen Ichs beziehen. Das "Lächeln"(ebd.) steht für die Freude, die sie bei dem Seitensprung erlebt. Durch diese Freude erleidet das lyrische Ich Schmerz, der sich auf Grund des Herzens als Herzschmerz kennzeichnen. Auch die "glutverbissnen Lippen"(V.2) lassen sich auch auf den Seitensprung beziehen. Sie verdeutlichen den leidenschaftlichen Kuss zuvor, untermauert durch die Glut die als heiß gilt. Dass die "Lippen eisen"(V.2) also abkühlen, verdeutlichen den schnellen Abbruch des Kusses, sodass man darauf schließen könnte, dass die Frau gerade erst erwischt wurde. Auch Vers 3 lässt sich auf den Kuss beziehen. Der "Atem wittert Laubwelk" was metaphorisch dafür steht, dass der Atem nicht mehr frisch ist. Auch steht das "Laubwelk"(ebd.) für die Vergänglichkeit, da es sich mit dem Herbst verbinden lässt. Im nächsten Vers wird der Neologismus "versargt"(V.4) verwendet. Somit lässt sich sagen, dass der "Blick" metaphorisch abstirbt, also leblos erscheint. Durch diese Aussage verdeutlicht der Autor den Schock den die Frau durchlebt, als sie erwischt wird. Die folgenden Enjambements, wie beispielsweise das alleinstehende "Und"(V.5), wirken durch ihre Unregelmäßigkeit unüberschaubar und überfordernd. Dies lässt sich mit der Gefühlswelt des lyrischen Ichs und er Gesamtsituation verbinden. Zudem wird im nächsten VErs veranschaulicht, wie die Frau versucht sich aus der Situation herauszureden und das lyrische Ich versucht abzulenken. Dies gelingt ihr offensichtlich nicht, da das lyrische Ich ihre Taktik durchschaut. Dass sie die Worte "polternd [...] daruf"(V.6) hastet, zeigt nochmal ihre Ratlosigkeit und Überforderung auch ihrerseits auf. Die Überforderung beider Seiten spiegelt auch das fehlende Rheimschema und die Tatsache, dass das Gedicht aus lediglich einer Strophe besteht. Die Situation ist also völlig neu und unroutiniert.Der nächste Vers besteht lediglich aus einem Wort, das nicht in Verbindung zu anderen Versen steht. Somit wirkt es sehr prägnant, sodass man ihm eine hohe Relevanz zusprechen kann. "Vergessen"(V.7) kann man zweierlei deuten. Zum einen lässt sich sagen, dass es beschreibt, wie sich das lyrische Ich fühlt in dieser Situation, da die Frau sich offenbar nicht mehr für es interessiert. Zum anderen könnte es als Art Wunschvorstellung gesehen werden. Denn das Erlebnis des Betrugs ist für das lyrische ich so traumatisierend, dass es die Situation nur "[v]ergessen"(V.7) möchte. Das "Bröckeln"(V.8), der "Hände"(V.7), lässt sich als Zittern identifizieren und lässt darauf schließen, dass sich die Frau sichtlich unwohl fühlt. Durch die Präposition "nach"(V.8) wird noch einmal manifestiert, dass es sich bei der Situation direkt um die Konfrontation nach der Affäre handelt. Der folgende Vers besteht wiedermal aus einem prägnanten Adjektiv und zwar "Frei "(V.9). Sowie "Vergessen"(V.9) lässt sich sagen, dass ihm eine hohe Wichtigkeit zugeschrieben werden kann und ebenfalls die Gefühlslage, oder sogar den Beziehungsstatus, des lyrischen Ichs wiedergibt. Für ihn ist also die Beziehung auf Grund des Seitensprungs beendet und er ist wieder "[f]rei"(V.9) indem was er tut. Außerdem ist in dem Adjektiv eine kleine Euphorie zu sehen. Das lyrische Ich hat nämlich jetzt wieder die Möglichkeit zu tun was es möchte. Ein weiterer Deutungsansatz, lässt sich mit der Verbindung zum nächsten Vers erkennen. Denn durch den "Kleidsaum"(V.10), der "[f]rei/ [b]uhlt"(V.9-10) kann man erkennen, dass die Frau sehr freizügig und aufreizend angezogen ist. Dies impliziert, dass sich absichtlich so gekleidet hat und der Seitensprung somit kein Zufall war. Für das lyrische Ich bedeutet dies ein weiterer Rückschlag, da es bewusst betrogen wurde, ohne an die Gefühle des lyrischen Ichs gedacht zu haben. Die letzten beiden Verse beziehen sich wieder auf die Sprechart der Frau und wie sie versucht die Situation zu erklären. Dies tut sie "Schlenkrig/ Drüber rüber"(V.11-12). Metaphorisch beschriebt dies, dass sie nur drum herum redet und das lyrische Ich somit nicht wirklich versucht aufzuklären, sondern versucht von der Situation abzulenken. Dass das lyrische Ich dies merkt, macht deutlich, dass ihre Taktik, durch Scham von sich abzulenken, nicht funktioniert.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Situation der Untreue beide Personen, das lyrische ich und die Frau, sichtlich überfordern. Der Frau ist die Situation sehr unangenehm, was durch die Beschreibungen ihrer Reaktionen schnell deutlich wird. Das lyrische Ich erscheint geschockt und traurig, da die Frau sein Vertrauen missbraucht hat. Sprachlich- Formal wird dies durch die vielen Enjambements, sowie dem fehlenden Rheimschema unterstützt, da diese die unüberschaubare und unangenehme Situation widerspiegeln.
Sarah
Das expressionistische Gedicht „Untreu“, welches von August Stramm verfasst und im Jahre 1915 veröffentlicht wurde, thematisiert die Vergänglichkeit der Liebe und des Vertrauens in einen Menschen.
Das Gedicht befasst sich, wie bereits inhaltlich im Titel „Untreu“ deutlich wird, mit einem Betrug. Hierbei wird das lyrische Ich von seiner Frau betrogen, was sich am „Kleidsaum“(V. 10) dieser erkennen lässt. Somit ist das lyrische Ich, da das Gedicht zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschrieben wurde, zwangsläufig eine männliche Person. In diesem Kontext setzt das Gedicht mit dem Vers „Dein Lächeln weint in meiner Brust“(V. 1) ein. Hierbei spricht das lyrische Ich seine Frau im Possessivpronomen „Dein“(ebd. ) konkret an, wodurch die enge Bindung und ihre Beziehung zueinander in Teilen zum Ausdruck kommt. Auffallend ist dabei jedoch, dass er das „Lächeln“(V. 1), worauf sich das „dein“ bezieht, personifiziert und es somit gewissermaßen unabhängig von seiner Frau agierend darstellt. Durch diese Projektion der Taten auf Dinge, die zwar zu seiner Frau gehören, dieser jedoch nicht im Gesamten entsprechen, wird sein Unverständnis an ihrer Untreue deutlich. Das lyrische Ich sucht somit eine Art Ausrede, um die Wahrheit nicht zu sehen, weshalb er seiner Frau nur geminderte Schuld zuspricht. Dies zeugt jedoch eher von seiner Verzweiflung, als davon, seine Frau schützen zu wollen. Eben diese Verzweiflung und somit auch seine innere Zerrissenheit lassen sich in der Antithese des Verses in „Dein Lächeln weint“(V. 1) wiederfinden. Da eben dieses Weinen „in meiner Brust“ stattfindet, wie das lyrische Ich es hier ausdrückt, wird deutlich, wie sehr das lyrische Ich leidet. Hierbei steht die Brust für das Herz, welches ihm schmerzt, wenn er seine Frau mit einem anderen glücklich sieht, was hier im metaphorisch gemeinten Verb „weinen“(ebd. ) ausdrücklich wird. Somit besteht die Antithetik zwischen der Frustration des Mannes - dem lyrischen Ich und der glücklichen Frau. Diese Antithetik setzt sich auch in den folgenden Versen weiter fort, in welchen das lyrische Ich die Situation des Betrugs an ihm schildert. „Die glutverbissnen Lippen eisen“(V. 2) stellt so einen Kontrast von Hitze und Kälte dar, die sich auf die Leidenschaft der Frau beziehen lassen. Wo sie mit ihrer Affäre noch Leidenschaft empfunden hatte, ist sie in Bezug auf ihren Mann sehr gefühlskalt und in diesem Sinne unglücklich. Besonders wird ihr Unwohlsein in der Situation jedoch durch die „verbissnen Lippen“(ebd. ) gegenwärtig. Insgesamt steht hier also die Vergänglichkeit von Emotionen im Fokus. Dies setzt sich auch im metaphorischen Vers „Im Atem wittert Laubwelk!“(V. 3) fort, in welchem das „Laubwelk“(ebd. ) symbolischen für den Herbst als Zeichen der Vergänglichkeit steht. Da dies auf den „Atem“(ebd. ) bezogen wird, zeigt der Vers im Gesamten die Kurzweiligkeit eines Moments. In diesem Zusammenhang also die Kurzlebigkeit der Affäre, des guten Gefühls der Ehefrau oder gar die Vergänglichkeit der Liebe. Somit wird hierin auch akzentuiert, dass das Ende der Beziehung naht. Das Ausrufezeichen am Satzende unterstreicht dabei die Endgültigkeit der Aussage und somit auch die Engültigkeit für das lyrische Ich, dass die Beziehung hier ein Ende findet. Im Gegensatz dazu steht jedoch im Gedicht fortwährend die Linderung der Schuld der Frau, indem „Die […] Lippen“(V. 2) oder aber hier der „Atem“(V. 3) als schuldig akzentuiert werden. Somit ist das lyrische ich sich der Vergänglichkeit der Liebe und ihrer Beziehung bewusst, will diese Erkenntnis jedoch noch nicht als wahr ansehen und sucht so aus Verzweiflung heraus nach Ausreden. Eben diese Verzweiflung und Verwirrung zeigen sich auch im nicht-vorhandenen Reimschema und den nicht vorhandenen Strophen. Zugleich wirkt die Verslänge durch ihre Verschiedenheit sehr wirr und willkürlich, wodurch der Schock des lyrischen Ichs gestärkt wird. Betrachtet man jedoch das Metrum des Gedichts, so fällt ein die Enjambements durchziehender Trochäus auf, der gewissermaßen die Zwangsläufigkeit oder gar Normalität des Vergänglichen ausdrückt.
An diesen ersten groben Sinnabschnitt (V. 1-3) anschließend schildert das lyrische Ich die Reaktion der Frau, nennt jedoch stets noch personifizierte Dinge, die zu seiner Frau gehören, anstatt diese selbst im Kontext der Affäre zu nennen. In „Dein Blick versargt/ Und/ Hastet polternd Worte drauf“(V. 4 ff.) wird so nicht nur der Schock des lyrischen Ichs, sondern auch der der Frau deutlich. Eben dieser Schock wird im Neologismus „versargt“(ebd. ) deutlich, welcher das innerliche Gefühl der Frau ausdrückt, die sich in diesem Moment dem Tod nahe fühlt, indem sie in eine ihr unannehmliche Situation geraten ist. Metaphorisch könnte man diesen Neologismus mit einer Art Vertrüben des Blicks gleichsetzen. Um die Situation irgendwie zu rechtfertigen, „Hastet [sie] polternd Worte drauf“(V. 6). Das hierbei verwendete Verb „hasten“(ebd. ) und das Adjektiv „polternd“(ebd. ) wirken sehr hektisch und nervös, wodurch die Unbeholfenheit der Frau deutlich wird. Zugleich zeigt das Gesamtbild aber auch die Schnelligkeit und das Chaos der gesamten Situation. Zuletzt „Vergessen/ Bröckeln nach die Hände!“(V. 7 f. ) der Frau, wodurch noch einmal ihr Schockzustand unterstrichen wird. Die Metapher in „Bröckeln“(ebd. ) weist dabei darauf hin, dass die Frau sich ihrem Fehler erst langsam bewusst wird und die Tatsache, dass ihr Mann über ihre Affäre Bescheid weiß erst langsam realisiert. Da dieser Satz, wie auch der dritte Vers einen Ausruf darstellt, wird das Bewusstsein des lyrischen Ichs deutlich, der nun über den Betrug seiner Frau Bescheid weiß. Somit stellt die Gesamtsituation nicht nur einen Schock ihrerseits, sondern einen beider Anteil-nehmenden dar. Zuletzt geht das lyrische Ich noch auf ein konkretes Symbol der Untreue seiner Frau ein. In „Frei/ Buhlt dein Kleidsaum/ Schlenkrig/ Drüber rüber!“(V. 9 ff.) wird dabei die Bewegung des Rocks geschildert, der durch die Affäre wie gelöst ist, bzw. die Frau „Frei“(ebd. ) macht. In diesem Sinne steht dieser Vers, der nur aus einem Adjektiv besteht, für die Freiheit der Frau, die sie sich genommen hat, aber gewissermaßen auch für die dadurch entstandene Loslösung von der Liebe und somit auch von ihrem Mann. Auffallend ist in den folgenden Worten dabei auch die Wortwahl des Mannes/lyrischen Ichs, der durch „buhlen“(V. 10) ein eher abwertendes Verb nutzt, welches das Werben um einen Partner beschreibt. Auch hier bezieht er diese Tat jedoch nicht auf seine Frau, sondern auf ihr Kleidungsstück, wodurch ihr gedanklich erneut ein Teil der Schuld genommen wird. Eben dieser „Kleidsaum“(V. 10) sei dabei „Schlenkrig“(V. 11), was umgangssprachlich die Bewegung des Rockes darstellt und so im Zusammenhang der Aussage die Freizügigkeit der Frau unterstreicht. Insgesamt wird hier dabei durch die eher abwertende Wortwahl des lyrischen Ichs auch ein gewisser Grad an Wut über das Vergehen seiner Frau deutlich, die er aber wieder an Objekten oder Körperteilen seiner Frau auslässt, jedoch nicht ihrem Gewissen oder ihrem Charakter zuspricht. Somit wird ihr die Schuld durch das lyrische Ich nur oberflächlich zuteil. Der Ausruf endet letztlich mit den Worten „Drüber rüber!“(V. 12), welche erneut das Wehen des Rockes darstellen. Hierbei wird erneut das Vergehen der Frau deutlich, indem die Worte erneut die Freizügigkeit der Frau unterstreichen. Betrachtet man diese Tatsache im Kontext der Verwirrung und Verzweiflung des lyrischen Ichs, so unterstreicht die darin vorhandene Wortwiederholung eben diese Verwirrung noch einmal, zeigt aber auch, dass das lyrische Ich langsam versteht, was geschehen ist und so auch die Vergänglichkeit seiner Liebe anerkennt. Eben diese Vergänglichkeit der Liebe und des Vertrauens, mit der sich das Gedicht befasst, wird außerdem in den Verben „versargen“(V. 4)[Neologismus], „bröckeln“(V. 8) und dem Nomen „Laubwelk“(V. 3) deutlich, die auch durch die Unbeständigkeit des Versmaßes gestützt werden.
Insgesamt befasst das Gedicht sich daher mit der Treuelosigkeit innerhalb einer Beziehung, hier spezifisch einer Partnerschaft, und so auch mit der Vergänglichkeit einer solchen. Die Vergänglichkeit der Liebe wird dabei besonders durch einen etwas chaotischen Aufbau des Gedichts definiert, der auch die Verwirrung und Verzweiflung des lyrischen Ichs unterstreicht, der seine Liebe durch deren Untreue verloren hat. Um eben diese Affäre im Kontrast zur Emotionslosigkeit zum Mann darzustellen werden im Text besonders zu Beginn einige Kontraste genutzt, die das Empfinden der Frau in den Vordergrund rücken. Betrachtet man jedoch die Schuldfrage um den Betrug, so scheint das lyrische Ich im Gesamten hilflos und personifiziert so viele Dinge, die Teile seiner Frau sind, erkennt sie als Ganzes jedoch nie als schuldig an. Dass er sich ihrer Tat jedoch dennoch bewusst ist, zeigen zusammenfassend die Ausrufe oder aber auch der, die Verse übergreifende Trochäus, der dem Akt durch seine Monotonie Normalität zuspricht.