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+ | Im Folgenden gilt es die beiden literarischen Epochen Romantik und Expressionismus zu vergleichen. Zuerst einmal unterscheiden sich die Epochen in den Zeiträumen, die sie beschreiben. Zusammenhängend mit der Zeit unterscheidet sich natürlich auch der zeitlich-historische Hintergrund der jeweiligen Epochen. | ||
+ | Die Romantik umfasst etwa den Zeitraum von 1795 bis 1835, also die Zeit während und nach den Revolutionskriegen. Die Deutschen konnten sich mit den Zielen der französischen Revolution identifizieren, stand unter französischer Oberhoheit und wurde nach dem „Code Napoleon“ regiert. Die Menschen waren zum einen enttäuscht von den Mitteln Napoleons, wie etwa Terror und Krieg, doch ihre Hoffnung schwand erst mit dem Wiener Kongress 1815, mit dem die alten Herrschaftsverhältnisse der feudalen Ständegesellschaft wieder hergestellt wurden. Außerdem war zu dieser Zeit eine Industrialisierung im Gange, weshalb der Mensch oft nur in seinem ökonomischen Nutzwert gesehen wurde und sich der Wunsch nach der Selbstverwirklichung des Individuums als eine Illusion herausstellte. | ||
+ | Der Expressionismus hingegen beschreibt in etwa den Zeitraum von 1910 bis 1925. Das neu gegründete Deutsche Reich unter Kaiser Wilhelm II. war der Ansicht es verdiene einen „Platz an der Sonne“, baute daher die Kolonialpolitik und die deutsche Flotte weiter aus. In diesem Zeitraum kam es außerdem zum ersten Weltkrieg, dem durch neue Techniken sehr viele Menschen zum Opfer fielen. | ||
+ | Auch die Denkweisen der Menschen der jeweiligen Epoche unterscheiden sich. | ||
+ | In der Romantik war die Enttäuschung über die gescheiterte Revolution so groß, dass man in Gedanken in die Natur floh, welche für die Menschen die Idylle darstellte, die ihnen im echten Leben fehlte. Außerdem wünschte man sich das Mittelalter zurück, da die Menschen es mit Einheit, Ordnung und der kulturellen Blütezeit in Verbindung brachten. | ||
+ | Im Expressionismus waren die Menschen anderer Ansicht. Hier hieß es, dass das Alte zu Grunde gehen müsse, damit etwas Neues entstehe. Man stand dem technischen Fortschritt kritisch gegenüber und befürchtete eine Apokalypse , die letztendlich auch in Form des ersten Weltkriegs ausbrach. | ||
+ | Weil sich die historischen und weltbildlichen Merkmale so unterscheiden, unterscheiden sich auch deren Umsetzungen beispielsweise in der Lyrik. | ||
+ | In der Romantik wurden einfache Dinge romantisiert, das heißt sie wurden etwas Besonderes, vielleicht auch etwas Erstrebenswertes und Unerreichbares. So etwa in dem Gedicht „Die blaue Blume“ von Joseph von Eichendorff, in dem das lyrische Ich auf einer ewigen Suche nach der blauen Blume ist. Allgemein ist die Sehnsucht das große Thema in der Romantik, so auch in der Lyrik. In der Lyrik wurde die Sehnsucht durch vier weitere Themen, die immer wieder vorkommen, dargestellt. | ||
+ | Das erste Thema ist die Reise, die das lyrische Ich antritt, um in ein neues, von Freiheit bestimmtes Leben aufzubrechen. Die Reise ist auch Thema in „Die blaue Blume“, als das lyrische Ich „durch Länder, Städt und Au’n [wandert]“ (V. 5f.). | ||
+ | Das zweite Thema der Romantik ist die Liebe, die oft unerreichbar ist, so wie in der Sage der Loreley, die Heinrich Heine in seinem gleichnamigen Gedicht thematisiert. Dort geht es um einen Schiffer, der aufgrund von seiner Sehnsucht nach einer Jungfrau alles andere ausblendet und so in sein Verderben stürzt. | ||
+ | Das dritte Thema ist die Nacht, in der der Fantasie freien Lauf gelassen werden kann und die Grenzen zwischen Realität und Illusion verschwimmen. Auch dieses Thema kommt in „Loreley“ vor, als vom „Abendsonnenschein“ (V. 8) die Rede ist. Hier verstärkt die Nacht die Sehnsucht des Schiffers und lässt die Illusion der Jungfrau zum Greifen nah erscheinen, weshalb er sich nicht mehr auf seine Umgebung konzentrieren kann. | ||
+ | Das letzte Thema ist der Traum, welcher unmittelbar mit der Nacht in Verbindung steht. Er kann zwar die Sehnsüchte des Menschen, aber auch seine Albträume darstellen. | ||
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+ | Der Expressionismus unterscheidet sich von den Merkmalen der Romantik völlig. Es gibt keine Romantisierung von Gegenständen, sondern einen radikalen Bruch mit den gesamten bisherigen ästhetischen Darstellungsweisen. Es geht um den radikal inszenierten Ausdruck der Gefühle. Aufgrund der Radikalität kann man es auch als einen Ausbruch der Gefühle bezeichnen. | ||
+ | Der radikale Bruch mit bisherigen Darstellungsweisen kann auch in der Satzstruktur deutlich werden, da die grammatische Struktur im Expressionismus oft aufgebrochen ist. | ||
+ | Häufig wurde der Mensch im Expressionismus entmenschlicht, wie etwa in „Kleine Aster“ von Gottfried Benn. In diesem Gedicht dient die menschliche Leiche einer Blume als Vase. | ||
+ | Ein weiteres Merkmal des Expressionismus ist die Wortneuschöpfung, die sich auch im Adjektiv „dunkelhelllila“ (V. 2) des eben genannten Gedichtes zeigt. | ||
+ | Das gerade genannte Beispiel zeigt auch die Bedeutung der Farbsymbolik, welche dem Ausdruck der Gefühle im Expressionismus dienen sollte. | ||
+ | Außerdem zeichnet der Expressionismus durch den Reihungsstil aus. Der Reihungsstil ist eine Aneinanderreihung von Bildern, die keinen unmittelbaren Zusammenhang aufweisen, wodurch verschiedene Sinneseindrücke in Sequenzen wiedergegeben werden. | ||
+ | Die Farbsymbolik und der Reihungsstil dienen der Einprägung der Bilder, die die Emotionen des lyrischen Ichs zeigen, was das Ziel expressionistischer Gedichte ist. | ||
+ | Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in beiden Epochen die Gefühle der Menschen des jeweiligen Zeitraumes dargestellt wurden. Aufgrund der unterschiedlichen Lebensbedingungen, wie etwa der Staatsform, waren die Menschen mit anderen Sorgen und Gefühlen konfrontiert, weshalb sich die Inhalte und Themen der Gedichte unterscheiden. Außerdem unterscheiden sich die Mittel der Darstellung. Während in der Romantik einfache Dinge romantisiert wurden, geht es im Expressionismus mehr um Sinneseindrücke. Daher werden die Gefühle des Menschen im Expressionismus direkter wiedergegeben, da diese dort seltener in Form von Metaphern und durch Einhalten von literarischen Vorgaben vermittelt werden. |
Version vom 21. März 2020, 21:57 Uhr
Vergleiche die Merkmale romantischer und expressionistischer Lyrik miteinander!
Fabian
Im Folgenden gilt es die beiden literarischen Epochen Romantik und Expressionismus zu vergleichen. Zuerst einmal unterscheiden sich die Epochen in den Zeiträumen, die sie beschreiben. Zusammenhängend mit der Zeit unterscheidet sich natürlich auch der zeitlich-historische Hintergrund der jeweiligen Epochen. Die Romantik umfasst etwa den Zeitraum von 1795 bis 1835, also die Zeit während und nach den Revolutionskriegen. Die Deutschen konnten sich mit den Zielen der französischen Revolution identifizieren, stand unter französischer Oberhoheit und wurde nach dem „Code Napoleon“ regiert. Die Menschen waren zum einen enttäuscht von den Mitteln Napoleons, wie etwa Terror und Krieg, doch ihre Hoffnung schwand erst mit dem Wiener Kongress 1815, mit dem die alten Herrschaftsverhältnisse der feudalen Ständegesellschaft wieder hergestellt wurden. Außerdem war zu dieser Zeit eine Industrialisierung im Gange, weshalb der Mensch oft nur in seinem ökonomischen Nutzwert gesehen wurde und sich der Wunsch nach der Selbstverwirklichung des Individuums als eine Illusion herausstellte. Der Expressionismus hingegen beschreibt in etwa den Zeitraum von 1910 bis 1925. Das neu gegründete Deutsche Reich unter Kaiser Wilhelm II. war der Ansicht es verdiene einen „Platz an der Sonne“, baute daher die Kolonialpolitik und die deutsche Flotte weiter aus. In diesem Zeitraum kam es außerdem zum ersten Weltkrieg, dem durch neue Techniken sehr viele Menschen zum Opfer fielen. Auch die Denkweisen der Menschen der jeweiligen Epoche unterscheiden sich. In der Romantik war die Enttäuschung über die gescheiterte Revolution so groß, dass man in Gedanken in die Natur floh, welche für die Menschen die Idylle darstellte, die ihnen im echten Leben fehlte. Außerdem wünschte man sich das Mittelalter zurück, da die Menschen es mit Einheit, Ordnung und der kulturellen Blütezeit in Verbindung brachten. Im Expressionismus waren die Menschen anderer Ansicht. Hier hieß es, dass das Alte zu Grunde gehen müsse, damit etwas Neues entstehe. Man stand dem technischen Fortschritt kritisch gegenüber und befürchtete eine Apokalypse , die letztendlich auch in Form des ersten Weltkriegs ausbrach. Weil sich die historischen und weltbildlichen Merkmale so unterscheiden, unterscheiden sich auch deren Umsetzungen beispielsweise in der Lyrik. In der Romantik wurden einfache Dinge romantisiert, das heißt sie wurden etwas Besonderes, vielleicht auch etwas Erstrebenswertes und Unerreichbares. So etwa in dem Gedicht „Die blaue Blume“ von Joseph von Eichendorff, in dem das lyrische Ich auf einer ewigen Suche nach der blauen Blume ist. Allgemein ist die Sehnsucht das große Thema in der Romantik, so auch in der Lyrik. In der Lyrik wurde die Sehnsucht durch vier weitere Themen, die immer wieder vorkommen, dargestellt. Das erste Thema ist die Reise, die das lyrische Ich antritt, um in ein neues, von Freiheit bestimmtes Leben aufzubrechen. Die Reise ist auch Thema in „Die blaue Blume“, als das lyrische Ich „durch Länder, Städt und Au’n [wandert]“ (V. 5f.). Das zweite Thema der Romantik ist die Liebe, die oft unerreichbar ist, so wie in der Sage der Loreley, die Heinrich Heine in seinem gleichnamigen Gedicht thematisiert. Dort geht es um einen Schiffer, der aufgrund von seiner Sehnsucht nach einer Jungfrau alles andere ausblendet und so in sein Verderben stürzt. Das dritte Thema ist die Nacht, in der der Fantasie freien Lauf gelassen werden kann und die Grenzen zwischen Realität und Illusion verschwimmen. Auch dieses Thema kommt in „Loreley“ vor, als vom „Abendsonnenschein“ (V. 8) die Rede ist. Hier verstärkt die Nacht die Sehnsucht des Schiffers und lässt die Illusion der Jungfrau zum Greifen nah erscheinen, weshalb er sich nicht mehr auf seine Umgebung konzentrieren kann. Das letzte Thema ist der Traum, welcher unmittelbar mit der Nacht in Verbindung steht. Er kann zwar die Sehnsüchte des Menschen, aber auch seine Albträume darstellen.
Der Expressionismus unterscheidet sich von den Merkmalen der Romantik völlig. Es gibt keine Romantisierung von Gegenständen, sondern einen radikalen Bruch mit den gesamten bisherigen ästhetischen Darstellungsweisen. Es geht um den radikal inszenierten Ausdruck der Gefühle. Aufgrund der Radikalität kann man es auch als einen Ausbruch der Gefühle bezeichnen. Der radikale Bruch mit bisherigen Darstellungsweisen kann auch in der Satzstruktur deutlich werden, da die grammatische Struktur im Expressionismus oft aufgebrochen ist. Häufig wurde der Mensch im Expressionismus entmenschlicht, wie etwa in „Kleine Aster“ von Gottfried Benn. In diesem Gedicht dient die menschliche Leiche einer Blume als Vase. Ein weiteres Merkmal des Expressionismus ist die Wortneuschöpfung, die sich auch im Adjektiv „dunkelhelllila“ (V. 2) des eben genannten Gedichtes zeigt. Das gerade genannte Beispiel zeigt auch die Bedeutung der Farbsymbolik, welche dem Ausdruck der Gefühle im Expressionismus dienen sollte. Außerdem zeichnet der Expressionismus durch den Reihungsstil aus. Der Reihungsstil ist eine Aneinanderreihung von Bildern, die keinen unmittelbaren Zusammenhang aufweisen, wodurch verschiedene Sinneseindrücke in Sequenzen wiedergegeben werden. Die Farbsymbolik und der Reihungsstil dienen der Einprägung der Bilder, die die Emotionen des lyrischen Ichs zeigen, was das Ziel expressionistischer Gedichte ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in beiden Epochen die Gefühle der Menschen des jeweiligen Zeitraumes dargestellt wurden. Aufgrund der unterschiedlichen Lebensbedingungen, wie etwa der Staatsform, waren die Menschen mit anderen Sorgen und Gefühlen konfrontiert, weshalb sich die Inhalte und Themen der Gedichte unterscheiden. Außerdem unterscheiden sich die Mittel der Darstellung. Während in der Romantik einfache Dinge romantisiert wurden, geht es im Expressionismus mehr um Sinneseindrücke. Daher werden die Gefühle des Menschen im Expressionismus direkter wiedergegeben, da diese dort seltener in Form von Metaphern und durch Einhalten von literarischen Vorgaben vermittelt werden.