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Version vom 11. September 2017, 17:35 Uhr
Analyse eines Textauszugs aus einem Drama
Vorbereitung: mehrmaliges Lesen und Bearbeiten des Textes (inhaltlich und sprachlich-formal Relevantes markieren, Fachbegriffe notieren, gliedern, Überschriften notieren usw.)
1. Einleitung
• Einleitungssatz: Textart, Titel, Autor, Entstehungszeit, ev. Epoche, Thema des Dramas
• inhaltliche (ausgehend vom Inhalt des TA: Wie ist es dazu gekommen? Welche Handlungen folgen daraus?) und funktionale (Welche Aufgabe/Funktion hat der TA im Kontext?) Einordnung des Textauszugs in den Dramenzusammenhang
2. Hauptteil
• Fakultativ: Gliederung in Sinnabschnitte, deren Funktionen
• Darstellung und Deutung exemplarischer Textstellen unter inhaltlichen (Was wird gesagt und was bedeutet das?) und sprachlichen bzw. formalen (Wie wird es gesagt und was bedeutet das?, rhetorische Mittel) Gesichtspunkten
• Wechselbeziehung zwischen Inhalt und Sprache bzw. Form berücksichtigen
• korrekte Zitierweise
• fakultativ: Zeit-, Raumgestaltung, Figurenkonstellation, Rückbezug zum Dramenkontext
3. Schluss
• Reflektierte Schlussfolgerung: kurze Zusammenfassung der wesentlichen Analyseergebnisse, ggf. persönliche Einschätzung
Sarah
Die Tragödie „Faust“, welche von Johann Wolfgang von Goethe innerhalb der Epochen der Aufklärung, des Sturm und Drangs, der Klassik und der Romantik verfasst und im Jahre 1808 erstmals veröffentlicht wurde, thematisiert die Übermächtigkeit Gottes.
(Inhaltsangabe)
Goethe intendiert in seinem Drama die Macht Gottes, so wie dessen Unbezwingbarkeit zum Ausdruck zu bringen, indem er den Teufel die, die Handlung umfassende Wette verlieren lässt.
Die Verse 353 bis 385, welche den Anfang des Faust-Monologs in der Szene „Nacht“ darstellen, gestalten die Einleitung der Tragödie. In diesem Textausschnitt wird, um die darauf folgenden Handlungen verständlich zu machen, die Situation des Protagonisten Faust verdeutlicht, durch welche die vorhergehende Wette Gottes und Mephistopheles erst möglich war. In dieser Wette vertrat Mephistopheles die Meinung, Faust zum Bösen bekehren zu können, wobei Gott dagegen sprach. Der Monolog ist somit eine Art Grundlage für Mephistopheles späteres Vorgehen, denn dieser baut die nachfolgende Geschichte und sein eigenes Handeln auf Fausts Resignation auf. Da die vorliegende Textstelle auch eine Art Tiefpunkt in Fausts Leben darstellt, erscheint Mephistopheles ihm kurz darauf zur Hilfe, wodurch Faust sich ihm aus Verzweiflung heraus anvertraut und dem Teufel seine Seele verspricht. Insgesamt ist die Textstelle also in so fern wichtig, da sie ein Grundbaustein der fortgehenden Handlung ist.
Die Textstelle des Faust-Monologs befasst sich im Allgemeinen mit dem Empfinden eines Menschen, in diesem Fall Faust, der mit der Unendlichkeit und dem Überirdischen bekannt sein möchte. Aufgrund des fehlenden Wissens ist Faust jedoch verzweifelt und daher resignativ.
Betrachtet man zu Beginn die Sprache des Dramenauszugs, so fällt einem sofort die lyrische Sprachgestaltung auf, die Goethe im gesamten Drama fortgehend nutzt. Der Text weist hierbei anfänglich eine Art Kreuzreim auf, wobei jedoch der eine Teil des eigentlichen Reimkomplexes von zwei Waisen ersetzt wird. Da dieser Struktur jedoch keine weiteren derartigen Kreuzreime, sondern Paarreime folgen, ist von einem so genannten Knittelvers auszugehen. Diese Art von Reimschema lässt sich als Epochenmerkmal der Literaturepoche des Sturm und Drangs identifizieren. Merkmale dieser Epoche lassen sich im Gesamtdrama nach den Merkmalen der Romantik auf häufigsten vorfinden. Im Falle dieses Textausschnitts lässt sich dieses unregelmäßige Reimschema mit der inneren Unzufriedenheit und Verwirrung Fausts in Verbindung setzen. Als weiteres Merkmal dieser Epoche, welche eine der vier Epochen ist, in denen Goethe an Faust arbeitete, lässt sich die nicht vorhandene Einheit von Zeit und besonders der Sprache herausarbeiten. Da Goethe im Gesamtdrama eine eher ungleiche, teils gehobene, teils einfachere Sprache verwendet und keine exakten Zeitangaben anführt, lässt sich dies noch einmal unterstreichen. Jedoch ist es wahrscheinlich, dass sich das Drama zu Zeiten des 16.Jahrhunderts abspielt, da in dieser Zeit auch ein Mann namens Faust lebte. Des Weiteren verwendet Goethe in diesem Textauszug einen eher parataktisch gehaltenen Satzbau, welcher die innere Wut Fausts über sein Unwissen zum Ausdruck bringt. Dies lässt sich damit erklären, da wütende Menschen sich eher einer schnellen und abrupten Weise zu Reden bedienen. Er verwendet diesbezüglich besonders zu Anfang des Auszugs viele Ausrufe, wie „Habe nun, ach!“(V.354), wobei das „ach“ zugleich eine Interjektion ist. Ein anderes Beispiel für einen Ausruf ist „Und leider auch Theologie!“(V.356). Die Ausrufe vermitteln dem Leser außer der Wut auch Verzweiflung des Protagonisten. Da Faust sein Unwissen jedoch auch deutlich melancholisch und erhaben dastehen lässt, bringt Goethe hierbei Fassetten der Romantik mit ins Spiel. So wird das Melancholische in Faust beispielsweise in seinem Ausruf „Ich armer Tor!“(V.358), durch welchen er sich als Narr bezeichnet, vermittelt. Der insgesamt durch Fausts Auftreten zum Ausdruck gebrachte Subjektivismus zeigt hierbei erneut Stränge der Epoche des Sturm und Drangs. Zuletzt lässt sich die Epoche der Aufklärung in Fausts Drang nach Erkenntnis wiederfinden. Dieser Drang wird besonders in den Aussagen „Und sehe, dass wir nichts wissen können! Das will mir schier das Herz verbrennen“(V.364 f.) verdeutlicht. Zur Umschreibung des eben angeführten Wissensdrangs führt Faust Akkumulationen wie „Philosophie, Juristerei [,] Medizin [u]nd […]Theologie“(V.354 ff.) oder die Aufzählung der Titel Fausts (vgl. V360) an. Diese und auch weitere Akkumulationen zeigen indirekt, dass Faust viel weiß, aber dennoch nicht alles. Somit ist Faust ein kluger Mann, dem aber letztlich sein Wissen zu nichts ihm Ersehntes gebracht hat. Besonders wird dies auch durch die Nutzung von „leider“(V.356) in Bezug auf die Geisteswissenschaft „Theologie“(V.356) deutlich, da dieses Studium Faust nicht näher an Gott heranführen konnte. Allgemein wird sein vieles Wissen, um auf die Akkumulationen zurück zu kommen, hierbei in den vielen aufeinander folgenden Worten deutlich, welche man jedoch noch sehr weit ergänzen könnte, was wiederum für Fausts Unwissen steht. Eine weitere Anspielung auf dieses oder auch auf die Tatsache, dass Allwissenheit auf irdischer Ebene unmöglich ist, ist die Metapher und Synästhesie „heiße[s] Bemühn“(V.357). Durch die Verbindung eines Sinnes mit einer Sache, die diese Eigenschaft eigentlich nicht besitzt, setzt Goethe Fausts Ehrgeiz in Verbindung mit dessen Emotionen, die hierbei sehr intensiv sind. Wie auch mit dieser Synästhesie Dinge geschaffen werden, die auf natürlicher Ebene unmöglich wären, schafft Goethe auch mit Fausts Wunsch an sich etwas Unmögliches. Die Antithese „[h]erauf, herab“(V.362) zeigt so auch die Gegensätzlichkeit von Wunsch und Wirklichkeit. Innerhalb dieser Zeilen kommt Faust zu dem Schluss, dass er in den zehn Jahren, die er schon Lehrer ist (vgl. V.361), nichts sinnvolles lehren konnte und somit metaphorisch gesehen „[s]eine Schüler an der Nase herum“(V.363) zieht. Goethe unterstreicht dieses Denken Fausts noch einmal mit dem Ausruf „Und sehe, dass wir nichts wissen können!“(V.364). Mit diesem Vers wiederholt Faust letztlich Sokrates berühmten Worte „Ich weiß, dass ich nichts weiß“, welche meinen, dass der Mensch an sich vom Universum und eigentlich allem uns bekannten keine Ahnung hat. Denn das was er zu wissen meint, ist nur vom Mensch geschaffen und auch nur ein Bruchteil von alle dem, was es zu wissen gibt. Die Erkenntnis jedoch, macht Faust deutlich resignativ, was Goethe durch metaphorische Darstellungsweise des Empfindens Fausts unterstreicht. So beispielsweise in „Das will mir schier das Herz verbrennen“(V.365). Mit diesem Vers wird deutlich, dass Faust, gehe man nach seinem Empfinden, innerlich stirbt, wenn er das ersehnte Wissen nie erhalten wird. Auch steht das Herz an sich als Metapher für Gefühle und Emotionen, die Faust in diesem Moment verzweifeln lassen. Trotz seiner Erkenntnis, kann und will er nicht ohne dieses Wissen leben und denkt, er wäre der Einzige dem es zu stände. Dieses Denken wird in der Höherstufung über „Laffen, Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen“(V.366) verdeutlicht, indem er seiner Selbst verherrlicht und ein stark ausgeprägtes Selbstbewusstsein innerhalb dieser Akkumulation, welche sich, wenn man die „Laffen“ ausschließt, als Antiklimax erweist, zeigt. Dieses Selbstbewusstsein und eine gewisse Furchtlosigkeit lassen sich in Fausts Aussagen „Mich plagen keine Skrupel, noch Zweifel, [f]ürchte mich weder vor Hölle noch Teufel“(V.368) wiederfinden. Innerhalb dieser Verse stellt er sich persönlich an die Spitze von Allem. Auch wenn dies nicht konkret im Text gesagt wird, wird es durch das Zusammenspiel dieser zwei Aussagen und der vorhergehenden Akkumulation deutlich, da Faust sich hier über „Pfaffen“, was zu Goethes Zeit als abwertender Begriff für Geistliche genutzt worden ist, stellt. Da diese jedoch zusätzlich als Repräsentanten der Kirche gelten und in der vorliegenden Antiklimax an letzter Stelle stehen, erweist Faust sich in dieser Aussage aus christlicher Sicht als ungläubig, da er sich über Gott und den Glauben an die unterste Stelle stellt.Zudem stellt die Verwendung der Furchtlosigkeit gegenüber des Teufels auch eine Vorausdeutung auf Mephistopheles dar, da Faust sich diesem im weiteren Drama ergibt. Jedoch schwingt die an dieser Stelle zum Ausdruck gebrachte Verherrlichung schnell wieder in Verzweiflung um, indem Goethe die resignativen Charakterzüge Fausts noch einmal auftreten lässt. So führt er hier Fausts entrissene Freude (vgl. V370) an, welche auch zeigt, dass er im Allgemeinen nichts mehr im Leben hat und er somit auch nichts vom wahren Leben weiß. Ihm fehlt also nicht nur das Wissen über Überirdisches, sondern auch das über die Liebe und Freundschaft, und alle Dinge, die dem Leben seinen Sinn geben. Auch wenn sich dieser Aspekt nur schwer aus dem Text filtrieren lässt, bestätigt sich die Deutung im Fortgang der Handlung. Aus dieser Resignation heraus stellt Faust mit der inhaltsverstärkenden Anapher „Bilde mir nicht ein [...]“(V.371) Aussagen an, in denen er klar zum Ausdruck bringt, dass er nichts wirklich Wichtiges lehren kann und seine Schüler rückbeziehend auf Sokrates Philosophie anlügt (vgl. V.371 ff.). Das was er jedoch in seiner resignativen Lage verlangt, ist das Wissen, das er nicht besitzen kann, beziehungsweise nicht besitzt. Er hat „weder Gut noch Geld“(V.374), was die Unwissenheit über das irdische Leben meint, „noch Ehr und Herrlichkeit der Welt“(V.375), was wiederum die Unwissenheit über das Überirdische, Göttliche meint. Abschließend führt Goethe den vergleichenden Ausruf Fausts „Es möchte kein Hund so länger leben!“(V.376) an, um die Resignation zu vollenden. Mit dem „Hund“ stellt er hierbei schon eine Art Verbindung zu Mephistopheles her, da dieser Faust in Gestalt eines Hundes erscheint und das Wissen, welches Faust erstrebt, in gewisser Weise besitzt und somit das Leben, welches selbst ein Hund nicht leben möchte, nicht einmal leben muss. Gerade diese Magie, die später durch Mephistopheles zum Ausdruck gebracht wird, erscheint dann Fausts Lösung für seine Verzweiflung zu sein, sodass er sich dieser ergibt (vgl. V377 ff.). Da Magie auch als eine Art Regelverstoß gilt, da sie übermenschlich und unnatürlich ist, kennzeichnet sich in diesem Fall ein weiteres Epochenmerkmal des Sturm und Drangs. Des Weiteren führt Goethe an dieser Stelle, wie zu Anfang des Textauszugs (vgl. V.357) mit den Worten „saue[rer] Schweiß“(V.380) eine Synästhesie an. Diese stellt eine Art Antwort auf die ihr vorhergehende dar, da Faust sich innerhalb der folgenden Verse wieder mit etwas personifiziert, dass ihm nicht als Eigenschaft zusteht. Durch die Verneinung seines Wunsches (vgl. V.380) zeigt Faust jedoch, dass er hofft, sich diese Eigenschaft durch die Magie aneignen zu können und er seinen Ehrgeiz so nicht mehr benötigt. Abgesehen von dieser indirekten Anspielung auf das Hoffen Fausts, zeigt die Synästhesie den Inhalt verstärkend, dass Faust alles dafür geben würde, allwissend zu sein. Somit unterstreicht dieser Vers erneut seinen Ehrgeiz, das ersehnte Wissen zu erlangen. Abschließend endet der vorliegende Textauszug somit auch damit, dass Fausts Ziel dem Leser mit den Worten „Dass ich erkenne was die Welt [i]m Innersten zusammenhält, [s]chau alle Wirkenskraft und Samen, [u]nd tu nicht mehr in Worten kramen“(V.382 ff.) vor Augen geführt wird. In dieser kurzen Textpassage wird zusammenfassend noch einmal deutlich, dass Fausts größtes Verlangen das Wissen über das Göttliche ist. Dieses Verlangen stellt somit eine Grundlage für die weitere Handlung, sowie das Verständnis dar, da der Text auf diesem Verlangen basiert ist. Letztlich hofft Faust also, das zu erkennen, was schon Sokrates für sich selbst als unmöglich erklärte.
Abschließend lässt sich auf Grundlage der vorliegenden Analyse zusammenfassend sagen, dass Goethe innerhalb dieser Textpassage die Resignation und Hilflosigkeit Fausts besonders hervorhebt, da auf dieser das Handeln Mephistopheles auf Grundlage der vorhergehenden Wette basiert und die Dramenhandlung dadurch Sinn ergibt.