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Der erste Sinnabschnitt (V.1-3) steht mit den Worten ,,Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt.” (V.1) ein. Schon der unbestimmte Artikel ,,Ein” entmenschlicht den Leichnam, der anscheinend ertrunken ist, da dem Lyrischen Ich scheinbar nicht von Bedeutung ist, wer dieser Mann einmal war. Der Ausdruck ,,Bierfahrer” (ebd.) meint die damaligen Getränkelieferanten. Das Adjektiv ,,ersoffener” (ebd.)verdeutlicht die Brutalität und Emotionslosigkeit des Lyrischen Ichs, was auch durch das Verb ,,stemmen” (ebd.) veranschaulicht wird. Dies lässt auf einen pietätlosen Umgang mit der Leiche vermuten. Schon der erste Vers sorgt für die Verwirrung des Lesers, da dieser ein vollkommen anderes Gedicht vermutet hatte, aufgrund des Titels des Gedichtes. In den nächsten Versen wird wieder einmal die Entmenschlichung deutlich, da ,,Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhelllila Aster/ zwischen die Zähne geklemmt.” (V.2f.). Das Indefinitpronomen ,,Irgendeiner” (ebd.) führt abermals zur Entpersonalisierung des Menschen, es bringt die Unbedeutsamkeit des Todes für das Lyrische Ich zum Ausdruck. Zudem das neologistische Paradoxon ,,dunkelhelllila” (ebd.) zur Verwirrung des Lesers beiträgt. Auch die Farbe ,,lila” (ebd.) erinnert an eine Trauerfeier. Die genaue Beschreibung der Farbe des Pflanze zeigt, dass das Lyrische Ich der Pflanze mehr Ansehen erweist, als der Leiche auf dem Tisch. Der erste und zweite Vers reimen sich, aber sonst ist kein Metrum, Reimschema oder eine Einteilung in einzelne Strophen zu erkennen. | Der erste Sinnabschnitt (V.1-3) steht mit den Worten ,,Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt.” (V.1) ein. Schon der unbestimmte Artikel ,,Ein” entmenschlicht den Leichnam, der anscheinend ertrunken ist, da dem Lyrischen Ich scheinbar nicht von Bedeutung ist, wer dieser Mann einmal war. Der Ausdruck ,,Bierfahrer” (ebd.) meint die damaligen Getränkelieferanten. Das Adjektiv ,,ersoffener” (ebd.)verdeutlicht die Brutalität und Emotionslosigkeit des Lyrischen Ichs, was auch durch das Verb ,,stemmen” (ebd.) veranschaulicht wird. Dies lässt auf einen pietätlosen Umgang mit der Leiche vermuten. Schon der erste Vers sorgt für die Verwirrung des Lesers, da dieser ein vollkommen anderes Gedicht vermutet hatte, aufgrund des Titels des Gedichtes. In den nächsten Versen wird wieder einmal die Entmenschlichung deutlich, da ,,Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhelllila Aster/ zwischen die Zähne geklemmt.” (V.2f.). Das Indefinitpronomen ,,Irgendeiner” (ebd.) führt abermals zur Entpersonalisierung des Menschen, es bringt die Unbedeutsamkeit des Todes für das Lyrische Ich zum Ausdruck. Zudem das neologistische Paradoxon ,,dunkelhelllila” (ebd.) zur Verwirrung des Lesers beiträgt. Auch die Farbe ,,lila” (ebd.) erinnert an eine Trauerfeier. Die genaue Beschreibung der Farbe des Pflanze zeigt, dass das Lyrische Ich der Pflanze mehr Ansehen erweist, als der Leiche auf dem Tisch. Der erste und zweite Vers reimen sich, aber sonst ist kein Metrum, Reimschema oder eine Einteilung in einzelne Strophen zu erkennen. | ||
− | Der zweite Sinnabschnitt (V. 4-12) leitet einen Obduktionshergang ein. Der Vers beginnt mit den Worten ,,Als ich von der Brust aus/ unter der Haut/ mit einem langen Messer/ Zunge und Gaumen herausschnitt,/ muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt/ in das nebenliegende Gehirn.” (V. 4f.). Die sehr detaillierte Beschreibung bringt die sachliche und gefühlskalte Seite des Lyrischen Ichs zum Ausdruck. | + | Der zweite Sinnabschnitt (V. 4-12) leitet einen Obduktionshergang ein. Der Vers beginnt mit den Worten ,,Als ich von der Brust aus/ unter der Haut/ mit einem langen Messer/ Zunge und Gaumen herausschnitt,/ muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt/ in das nebenliegende Gehirn.” (V. 4f.). Die sehr detaillierte Beschreibung bringt die sachliche und gefühlskalte Seite des Lyrischen Ichs zum Ausdruck. Das zum ersten Mal verwendete Personalpronomen ,,Ich” (ebd.) untermauert, dass das Lyrische Ich weiß wovon es spricht. Die genaue Beschreibung dieses medizinischen Vorganges zeigt, dass das Lyrische Ich diesen Vorgang schon öfters getätigt hat und emotional so viel Abstand von den Toten gewonnen hat, dass dieser Vorgang etwas ganz normales für es ist. Der Umgang mit einem ,,langen Messer” (ebd.) mit welches es ,,unter die Haut” (ebd.)schneiden ist für das Lyrische Ich etwas vollkommen normales, aber die emotionslose Schilderung wirkt auf den Leser sehr skurril und brutal. Der Hendiadyoin ,,Zunge” (ebd.) und ,,Gaumen” (ebd.) untermauert wieder einmal, dass das Lyrische Ich weiß wovon es spricht. Der darauffolgende Vers handelt von der Aster, auf die, in dem Gedicht, der Fokus liegt. Das Lyrische Ich muss die Aster ,,angestoßen haben, denn sie glitt/ in das nebenliegende Gehirn.” (ebd.). Vor allem dieser Vers steht in Kontrast zu den vorherigen, da die Verb ,,stoßen” (ebd.) und ,,gleiten” (ebd.) eine sehr liebevolle Ausprägung verdeutlichen, was im Kontrast zu dem Verb ,,stemmen” (ebd.) steht, da dieser die pietätlosen Umgang mit der Leiche verdeutlicht. Der achte und neunte Vers bilden einen Paarreim, was wiedermals einen Kontrast veranschaulicht. |
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== Alina == | == Alina == |
Version vom 15. November 2018, 16:03 Uhr
Benn, Kleine Aster
Inhaltsverzeichnis |
Sarah
Das expressionistische Gedicht „Kleine Aster“, welches von Gottfried Benn verfasst und im Jahre 1912 veröffentlicht wurde, thematisiert die Nichtigkeit des Menschen bezüglich des derzeitigen Ich-Verlusts.
Das Gedicht beginnt mit dem Titel „Kleine Aster“, welcher direkt zu Beginn die darin benannte Herbstblume in den Vordergrund rückt. Auffallend ist hier jedoch besonders das verniedlichende Adjektiv „klein“, welches die Blume als etwas schutzloses darstellt. Da hier in diesem Kontext kein Artikel verwendet wird, klingt der Titel nahezu schon wie ein Name, der die Blume indirekt vermenschlicht, weshalb bereits hier eine emotionale Atmosphäre bezüglich der Blume entsteht. Jedoch stellt die Tatsache, dass die Aster eine Herbstblume ist, auch voran, dass das Gedicht die Thematik der Vergänglichkeit beinhaltet, da der Herbst auf metaphorische Weise für eben diese steht. In diesem Kontext setzt der erste Sinnabschnitt des Gedichtes (V. 1-3) mit den Worten „Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt“(V. 1) ein. Somit bestätigt der Vers den Titel in seiner Bedeutung, indem es hierbei um Tod und Vergänglichkeit geht. Dass eben diese Vergänglichkeit allgegenwärtig ist und somit in jedem steckt, wird im unbestimmten Artikel „Ein“(ebd. ) deutlich, der zugleich zeigt, dass ein einzelnes Individuum keinen Wert hat. Somit sei die ertrunkene Person, die beruflich Bier transportiert und ausliefert, eine willkürliche Person aus einer Masse von Menschen. Diese Sicht des lyrischen Ichs, die jedoch in der Epoche des Expressionismus viele vertraten, wird hier durch eine gewisse Brutalität der Ausdrucksweise deutlich. Eben diese zeigt sich in diesem Vers exemplarisch am Adjektiv „ersoffen“(ebd. ), welches anstelle von ertrunken genutzt wird und so den umgangssprachlichen Ausdruck im Gesamtgedicht akzentuiert. Eben diese Ausdrucksweise, die gewissermaßen brutal und skurril wirkt, setzt sich in den Worten „wurde auf den Tisch gestemmt“(ebd. ) fort. Hierbei wird eine eher emotionslose Atmosphäre vermittelt, indem pietätlos mit der Leiche während der Obduktion umgegangen wird. Eben diese vermittelte Emotionslosigkeit stellt eine Antithese zum Titel dar, die den Menschen als nichtig und die Blume im Kontrast als etwas sehr Emotionales, Lebendiges darstellt. Diese Kontrastierung setzt sich auch im zweiten und dritten Vers fort, welcher die kleine Aster erstmals im Gedicht aufgreift. Besonders wird dabei in „Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhelllila Aster/ zwischen die Zähne geklemmt“(V. 2 f. ) die Blume erneut in den Vordergrund gerückt, was auch der Zeilensprung unterstreicht, durch welchen der zweite Vers mit der „Aster“(ebd. ) endet. Diese wird durch den paradoxen Neologismus „dunkelhelllila“(ebd. ) beschrieben, wobei die Farbe lila im Allgemeinen für Trauer oder im christlichen Sinne auch für ein Begräbnis steht, was sich auf den Fortgang des Gedichts bezieht. Jedoch deutet eine Wortneufindung bezüglich der Aster insgesamt auch auf etwas ungewohntes oder vielleicht auch unnatürliches hin, was auf den hohen Wert der Aster im Vergleich zur Nichtigkeit des Menschen verweist. Genau diese Nichtigkeit zeigt sich dabei auch noch einmal im Indefinitpronomen „Irgendeiner“(ebd. ), welches einen möglichen Täter verallgemeinert und diesen somit auch als nichtig dastehen lässt, als sei alleinig die Blume von Bedeutung. In diesem Zusammenhang steht die Blume dabei antithetisch zum toten Menschen, für das Leben und somit auch für Hoffnung. So verleiht die Blume dem Hässlichen des Todes auch eine gewisse Ästhetik, die jedoch eine alberne, skurrile Wirkung beinhaltet, die jedoch typisches Merkmal des Expressionismus ist. Eine derartige Skurrilität wird auch daran deutlich, dass die Aster der Leiche „zwischen die Zähne geklemmt“(V. 3) war, was eher an einen Verführer als an einen Todesfall erinnert. Zugleich wird so jedoch auch die Sicht des lyrischen Ichs deutlich, der die Menschen als nichtig und vielleicht sogar schlecht ansieht, die Blume und die Natur dahingegen jedoch als Opfer der Menschen dastehen lässt, sodass dieser nach Meinung des lyrischen Ichs mehr Würde gebührt. Besonders wird dies auch nochmal am Reim in den Worten „gestemmt“(V. 1) und „geklemmt“(V. 3) deutlich, da diese den Menschen selbst und den Umgang mit diesem als emotionslos darstellen.
Der zweite Sinnabschnitt (V. 4-12) befasst sich mit der Obduktion der Leiche und akzentuiert so noch einmal besonders den pietätlosen Umgang mit einem Menschen. So schildert das lyrische Ich die Situation mit den Worten „Als ich von der Brust aus/ unter der Haut/ mit einem langen Messer/ Zunge und Gaumen herausschnitt,/ muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt/ in das nebenliegende Gehirn“(V. 4 ff. ). Insgesamt klingt hier eine gewisse Routine an, die andeutet, dass das lyrische Ich Pathologe ist und der Einzelfall des Ertrunkenen für ihn keine Rolle spielt. Eben diese Routine wird besonders an der Konjunktion „Als“(ebd. ) sowie der emotionslosen sachlichen Schilderung deutlich. Zu dieser Sachlichkeit trägt besonders auch die Verwendung des Präteritums bei, die die ersten Sinnabschnitte wie einen Bericht wirken lässt. In diesem sprachlichen Kontext fällt zugleich auf, dass weder Metrum, noch Reimschema vorhanden sind, was eher untypisch für die Epoche ist. Jedoch dient dies der berichtenden Darstellungsweise, in der im Normalfall keine Aspekte der Kunst wie auch Metrum usw. inbegriffen sind. Jedoch deutet die allgemeine berichtende Sprache auch eine gewisse Fremde an, die das lyrische Ich zum Menschen hat, wodurch erneut die Nichtigkeit des Menschen deutlich wird. Hierbei spiegelt das lyrische Ich jedoch das Denken vieler Menschen im frühen zwanzigsten Jahrhundert wieder, die Individuum und vor allem Persönlichkeit als unwichtig und in gewissem Maße auch unwürdig ansahen. Um diese Sichtweise zu vermitteln, schildert das lyrische Ich seine Vorgehensweise im Enjambement erneut brutal, was zum Beispiel am Nomen „lange[s] Messer“(V. 6) oder aber am Verb „herausschneiden“(V. 7) deutlich wird. Im Kontrast zu alledem steht letztlich erneut die Aster, welche ins Gehirn „glitt“(Z. 8). Hier fällt besonders in der Wortwahl und im antithetischen Reim von „schnitt“(V. 7) und „glitt“(V. 8) die Beschönigung der Aster auf, die das lyrische Ich gewissermaßen zu beschützen versucht, während er den Menschen brutal auseinandernimmt. Diese Kargheit wird auch noch einmal in den Worten „glitt/ in das nebenliegende Gehirn“ (V. 8 f. ) ausdrücklich, da das hier schon entnommene Organ des Menschen, das seine gesamte Persönlichkeit ausgemacht hat, als Objekt beschrieben wird und somit erneut nichtig wirkt. Der Text dreht also gewissermaßen die Rollen um, indem er jegliche Emotionalität und vor allem auch das Mitempfinden des lyrischen Ichs auf die Aster überträgt. Dies wird auch in der Vermutung des lyrischen Ichs „muß ich sie angestoßen haben“(V. 8) deutlich, indem es diese Tat unbewusst und unabsichtlich tut, während es den Menschen absichtlich und ohne Rücksicht obduziert. Die Situation spitzt sich jedoch in den folgenden Versen noch weiter auf die Vermenschlichung der Blume zu. So geht das Gedicht mit den Worten „Ich packte sie ihm in die Brusthöhle/ zwischen die Holzwolle“(V. 10 f. ) weiter. Diese Situation erinnert an eine Art Beerdigung, welche die Blume noch einmal stärker vermenschlicht und die Wertlosigkeit des Menschen selbst verringert, indem dieser als Grab dient. Gewissermaßen lassen sich hierbei auch Parallelen zur derzeitigen Industrialisierung erkennen, indem die Menschen durch diese einen Teil der Natur zerstörten, weshalb hier gewissermaßen der Mensch als Grab für die Blume, als Repräsentant der Natur, dient. Besonders stärkt dabei die Tatsache, dass das lyrische Ich die Blume „in die Brusthöhle“(V. 10) tut diesen Aspekt, da die Blume somit als eine Art Lebensantrieb für den Menschen an Stelle seines Herzens dargestellt wird, den nur die Natur bietet. Die Holzwolle, ein Baumaterial, mit welchem früher Kuscheltiere und Leichen ausgestopft wurden, kann man dabei bildlich als eine Art Erde oder Sarg sehen. Diese sehr bildlich dargestellte Situation endet damit, dass er die Blume „beerdigte“ „als man zunähte“(V. 12).
Der dritte und somit letzte Sinnabschnitt setzt mit dem Ausruf „Trinke dich satt in deiner Vase!“(V. 13) ein, welcher die Aster schlussendlich personifiziert, indem das lyrische Ich diese im Reflexivpronomen „dich“(ebd. ) wie einen Freund anspricht. Besonders stellt dabei das „Trinken“(ebd. ) eine symbolische Personifikation dar, indem sich die Blume vom Menschen nähren soll, wie es eigentlich der Mensch von der Natur tut. Somit dreht das lyrische die Rollen von Mensch und Pflanzen um, wodurch er den Pflanzen erheblichen Wert zuspricht und die Menschen als nichtig erklärt. In diesem Kontext nennt es den Menschen metaphorisch eine „Vase“(V. 13), wodurch es den Menschen objektiviert. Besonders weist zudem auch der Tempuswechsel ins Präsenz von der Nichtigkeit des Menschen, indem nun eine Nähe oder Unmittelbarkeit zur Blume geschaffen wird, die emotionaler wirkt und so den Mensch als etwas Fernes, Irrelevantes in den Hintergrund rückt. Zuletzt spitzt das lyrische Ich diese Bedeutsamkeit der Natur im Kontrast zur Unbedeutsamkeit des Menschen mit den Worten „Ruhe sanft,/ kleine Aster!“(V. 14 f. ) zu, indem er der Blume eine Art Grab und Beerdigung schafft und den vor sich liegenden Menschen dabei nur als eine Art Mittel zum Zweck ansehen, also als das, als das die Menschen die Natur ansehen. Hierbei akzentuiert es jedoch zugleich die Vergänglichkeit aller Dinge, wobei das lyrische Ich der Vergänglichkeit der Natur wesentlich mehr Wert zuspricht, wodurch sich auch seine Trauer erklären lässt.
Zusammenfassend stellt das Gedicht die Nichtigkeit eines Individuums und der Persönlichkeit im frühen 20. Jahrhundert dar, die unter anderem durch die Industrialisierung bedingt war. Eben diese Nichtigkeit wird besonders im groben Umgang mit der Leiche im Gedicht verglichen zum Umgang mit der Aster, aber auch in der eher berichtenden Sprache deutlich. Dass die Natur eine wesentlich größere Rolle spielt, wird anhand der Vermenschlichung der Blume deutlich, indem diese durch sehr bildhafte Sprache als schutzlos dargestellt wird, während der Mensch keinerlei Beachtung erhält.
Diana
Bei dem vorliegendem Text mit dem Titel ,,Kleine Aster“ von Gottfried Benn handelt es sich um ein Gedicht, welches im Jahr 1912 veröffentlicht wurde und der Epoche des Expressionismus zu zuordnen ist. Thematisch geht es dabei um Entmenschlichung und Vergänglichkeit bezüglich der Identität und Individualität.
Der Titel ,,Kleine Aster“ verdeutlicht bereits, dass die Aster in dem Gedicht im Fokus liegt, statt der Bierfahrer, welcher einer Obduktion unterzogen wird. Dabei ist die Aster eine Blume, welche im Herbst blüht, wodurch diese also Vergänglichkeit symbolisiert. Das Adjektiv ,,klein“ wirkt dabei verniedlichend und verdeutlicht, dass das lyrische Ich das Gefühl hat die Aster beschützen zu müssen und dadurch wird Emotion ausgedrückt. Im Gegensatz dazu steht der erste Vers mit der Aussage ,,Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt“ (V.1), da dieser Vers die Emotionslosigkeit und Kälte des lyrischen Ichs der Leiche aufgrund des pietätlosen Umgangs mit dem Verstorbenen gegenüber verdeutlicht. Das Adjektiv ,,ersoffen“ (ebd.) verdeutlicht dabei die emotionale Distanz des lyrischen Ichs dem Bierfahrer gegenüber da, sowie die emotionale Kälte gegenüber des Verstorbenen. Dies wird auch durch die Tatsache deutlich, dass der Bierfahrer ,,auf den Tisch gestemmt“ (ebd.) wird, was ebenfalls die pietätlosen Umgang mit dem Bierfahrer verdeutlicht, da dieser auf den Tisch sozusagen mehr oder weniger drauf geworfen wird, statt normal hingelegt, wodurch ebenfalls die Emotionslosigkeit des lyrischen Ichs hervorgebracht wird. Der unbestimmte Artikel ,,ein“ (ebd.) bringt hervor, dass es dem lyrischen Ich nicht wichtig ist, wer genau der Mann ist, sondern er nur einer von vielen, also nur ein Verstorbener ist, der obduziert werden muss, was ebenfalls kalt und emotionslos sowie brutal wirkt. In der nächsten Aussage ,,Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhellila Aster/ zwischen die Zähne geklemmt“ (V.2 f.) wird dabei der Fokus auf die Aster gelegt und nicht mehr auf dem Bierfahrer, wobei das Indefinitpronomen ,,Irgendeiner“ (ebd.) verdeutlicht, dass das lyrische Ich sich nicht damit auseinandersetzt, wer die Aster zwischen die Zähne geklemmt hat, wobei dieser Umstand irritierend und fragwürdig wirkt. Auch die Farbe der Aster wirkt paradox (vgl. V. 2), da die Farbe nicht hell und dunkel zu gleich sein kann. Dieser Neologismus und auch gleichzeitig Paradoxon unterstützt dabei die verwirrende Situation und lenkt den Fokus auch auf die Aster und nicht auf den Verstorbenen. Auffällig ist auch, dass auch wenn es eigentlich kein Reimschema, kein Metrum und auch keine Strophen vorhanden sind, sich die Enden der beiden Verse 1 und 3 reimen. Dabei verdeutlichen sowohl die Verben ,,stemmen“ (ebd.) als auch ,,klemmen“ (ebd.) den harten und emotionslosen Umgang mit der Leiche. Des Weiteren beschreibt und schildert das lyrische Ich, was es bei der Obduktion tut. Die Aussage ,,Als ich von der Brust aus/ unter der Haut/ mit einem langen Messer/ Zunge und Gaumen herausschnitt, muß ich sie angestoßen haben“ (V. 4 ff.) verdeutlicht, dass die Aster erneut ins Zentrum des Geschehens gerückt wird, auch wenn die Beschreibung der Obduktion ausführlicher ist, da die Obduktion in einem Nebensatz beschrieben wird als Ursache dafür, dass die Aster gefunden wurde und die Aster dadurch, dass sie im Hauptsatz der Aussage geschildert wird, im Fokus steht und die Obduktion nur nebensächlich ist. Diese Beschreibung der Obduktion erinnert dabei an einen Bericht, der sachlich und emotionslos ist, wobei das Präteritum in der Beschreibung ebenfalls an einen Bericht erinnert. Durch diese emotionslose Beschreibung der Obduktion wird der Bierfahrer entmenschlicht und das lyrische Ich beschreibt nur die Routine seiner Arbeit, wobei der Tod dieses Menschen es völlig emotionslos und kalt lässt. Das ,,lange[.]“ (ebd.) Messer und auch das Verb ,,herausschneiden“ (ebd.) verdeutlichen dabei die Brutalität der Obduktion und die Enjambements, welche die Verse miteinander verbindet, unterstützt die Beschreibung der brutalen Obduktion. Wie zuvor erwähnt, liegt der Fokus in dieser Aussage erneut auf der Aster, welche das lyrische Ich entdeckt hat, wobei im Kontrast zu der brutalen und emotionslosen Schilderung der Obduktion und auch den pietätlosen Umgang mit dem Verstorbenen, die Aster regelrecht umsorgt wird und Emotionen im lyrischen Ich weckt. Dies wird deutlich, wenn es heißt, dass das lyrische ich ,,sie angestoßen haben“ (ebd.) muss und sie ,,in das nebenliegende Gehirn [glitt]“ (V. 9). Die Verben ,,anstoßen“ und ,,gleiten“ verdeutlichen dabei das Umsorgen der Aster und ebenso den guten Umgang mit dieser, wohin das lyrische Ich kalt und brutal mit dem Bierfahrer umgeht. Die Tatsache, dass das lyrische Ich für den Verstorbenen keine Emotionen aufbringt, jedoch die Aster umsorgt und ins Zentrum des Geschehens stellt, verdeutlicht die Entfremdung des lyrischen Ich zu dem Menschen und die Brutalität und Emotionslosigkeit. Außerdem ist es auffällig, dass die Versenden der Verse 7 und 8 sich reimen, wobei das Verb ,,herausschneiden“ (ebd.) auf den Leichnam bezogen ist und das Verb ,,gleiten“ (ebd.) auf die Aster. Die beiden Verben stellen eine Kontrast dar, der den gegensätzlichen Umgang mit der Aster und mit der Leiche vor Augen führt, da mit der Leiche brutal umgegangen wird, wohin gegen die Aster umsorgt wird. Der Reim führt dabei diesen gegensätzlichen Umgang vor Augen. Die nächste Aussage ,,Ich packte sie ihm in die Brusthöhle/ zwischen die Holzwolle,/ als man zunähte“ (V. 10 ff.) verdeutlicht erneut, dass die Aster umsorgt wird und der Verstorbene kalt und emotionslos behandelt wird, wobei die Aster erneut im Fokus steht. Die Tatsache, dass das lyrische Ich die Aster ,,ihm in die Brusthöhle“ (ebd.) legt, verdeutlicht das Umsorgen der Aster, da diese nicht einfach weggeworfen wird, sondern geschützt weggepackt wird, wohin gegen die Brusthöhle mit Holzwolle gefüllt wird, was erneut die emotionslose Schilderung verdeutlicht. Zudem verdeutlicht die Aussage ,,als man zunähte“ (ebd.), dass erneut der Fokus völlig auf der Aster liegt, da das Zunähen als eine Nebentätigkeit in dem Nebensatz ausgesagt wird und die Aussage aber thematisiert, dass die Aster weggepackt wird. Das Pronomen ,,man“ (ebd.) in dieser Aussage an Stelle des Personalpronomen ,,ich“ (ebd.) verdeutlicht dabei die Distanz zu dem Leichnam, sowie die Entfremdung des lyrischen Ichs zu dem Menschen. Dadurch wird auch ausgesagt, dass die Obduktion nicht so wichtig ist und eher nebensächlich, sodass es keine Rolle spielt, wer den Mann wieder zunäht, da die Aster das Zentrum darstellt. Zu dem wird in dieser Aussage der Bierfahrer nicht mehr erwähnt, sondern allgemein beschrieben, dass zugenäht wird, was ebenfalls die Entfremdung, die Gleichgültigkeit und Emotionslosigkeit zu dem Bierfahrer hervorbringt und das lyrische Ich die Obduktion als Routine sieht. In der nächsten Aussage ist es auffällig, dass die Aster von dem lyrischen Ich angesprochen und somit vermenschlicht wird, was die Aussage ,,Trinke dich satt in deiner Vase!“ (V.13) zum Ausdruck bringt. Durch das Nomen ,,Vase“ (ebd.) wird der Bierfahrer zum Gegenstand gemacht und durch die Ansprache des lyrischen Ichs an die Aster wird diese jedoch vermenschlicht, was erneut den Kontrast des Umgangs mit der Aster und des Umgangs mit dem Bierfahrer hervorhebt. Die Entmenschlichung des Bierfahrers wird auch dadurch deutlich, dass das lyrische Ich, da es den Bierfahrer als Gegenstand betrachtet, in dem Bierfahrer einen Zweck für die Aster sieht, sodass die Aster wichtiger und bedeutsamer ist, als der verstorbene Bierfahrer und die Aster über diesen gestellt wird. Das Ausrufezeichen verdeutlicht und untermauert dabei die Emotionen, die aufgrund der Aster bei dem lyrischen Ich hervorkommen, wobei durch die Entmenschlichung des Bierfahrers erneut die Emotionslosigkeit und Kälte hervorgebracht wird. Die letzte Aussage ,,Ruhe sanft/ kleine Aster“ (V. 14 f.) erinnert an einen emotionalen Abschied auf einer Beerdigung, wobei für gewöhnlich dies einem Menschen gewünscht wird. Jedoch wünscht das lyrische Ich dies nicht dem Bierfahrer sondern der Aster, sodass dies erneut verdeutlicht, dass das lyrische Ich dem Bierfahrer gegenüber kalt ist und keine Emotionen aufbringen kann, jedoch bei der Aster emotional wird und diese umsorgt und somit die Aster für es wichtiger ist. Das Adverb ,,sanft“ (ebd.) verdeutlicht die Emotionen, die das lyrische Ich für die Aster aufbringt und im zweiten Teil der Aussage ebenfalls verdeutlicht, wobei dadurch der Titel aufgegriffen wird. Somit wird erneut durch das Adjektiv ,,klein“ (ebd.) die emotionale Umsorgnis zum Ausdruck gebracht. Auffällig bei dieser Verabschiedung ist vor allem auch der Tempus-Wechsel, wobei nun das Präsens verwendet wird, wodurch der Abschied unmittelbar wirkt und nicht mehr berichtend und sachlich, wie emotionslos. Auch hier wird am Ende der Aussage ein Ausrufezeichen verwendet, was erneut die Emotionalität des lyrischen Ichs bezüglich des Abschieds verdeutlicht. Die Tatsache, dass die Aster sowohl im Titel erwähnt wird als auch zum Schluss des Gedichts und somit die Aster sozusagen den Rahmen des Gedichts bildet, wird die Aster in den Fokus gelegt und hervorgehoben und bleibt stärker im Gedächtnis.
Carina
Bei vorliegender Text „Kleine Aster“ von Gottfried Benn verfasst und 1912 veröffentlicht, handelt es sich um ein Gedicht aus der Zeit des Expressionismus. Thematisiert wird die Nichtigkeit des Menschen und seiner Identität.
Die Überschrift „Kleine Aster“ verdeutlicht bereits, dass die Aster eine zentrale Rolle im Gedicht spielt. Des Weiteren zeugt sie von einer harmonischen und emotionalen Atmosphäre im Gedicht, da die Aster durch das Adjektiv „klein“ verniedlicht wird und das lyrische Ich das Gefühl hat die Aster beschützen zu müssen, wodurch eine gewisse Emotionalität von ihm ausgeht. Des Weiteren stellt die Aster, bei welcher es sich um eine Herbstblume handelt, ein Naturmotiv für Vergänglichkeit dar, da der Herbst metaphorisch diese verkörpert.
Der erste Vers des ersten Sinnabschnittes (V.1-3) widerspricht sich jedoch mit dem harmonischen, emotionalen Bild der Überschrift, da schroff eine Obduktion aus der Sicht eines Arztes beschrieben wird, jedoch wird hier das Motiv der Vergänglichkeit hervorgehoben. So heißt es „Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt“ (V.1). Der unbestimmte Artikel „Ein“ (ebd.) untermauert, dass es sich bei der Leiche nur um eine von vielen handelt und ein einzelnes Individuum keinen Wert hat, was das emotionslose Handeln des lyrischen Ichs hervorhebt. Die Emotionslosigkeit wird ebenso in dem pietätslosen Umgang mit der Leiche akzentuiert, da diese routiniert und wie ein Gegenstand „auf den Tisch gestemmt [wurde]“ (ebd.). Durch das Verb „gestemmt“ (V.1) geht jedoch auch eine gewisse Brutalität von dem lyrischen Ich aus, da es die obduzierende Leiche eher hinwirft als legt. Das lyrische Ich bemerkt aufmerksam, dass „Irgendeiner […] ihm eine dunkelhellila Aster/ zwischen die Zähne geklemmt [hatte]“ (V.2f.). Das Indefinitpronomen „Irgendeiner“ (V.2) akzentuiert, dass sich das lyrische Ich nicht damit auseinandersetzt, wer die Aster dem Bierfahrer in den Mund gelegt hat, was jedoch skurril wirkt, da es sich um eine Obduktion handelt. Ebenso wirkt die Farbe „dunkelhellila“ (ebd.), da eine Farbe nicht zugleich hell und dunkel sein kann. So wird in gewisser Weise die Aufmerksamkeit auf die Aster gelenkt. Im Allgemeinen steht die Farbe Lila jedoch für Trauer und Begräbnis steht, was sich im Fortlauf des Gedichtes näher erkennen lässt. Die Blume steht antithetisch der Leiche gegenüber und verleiht dem Tod eine gewisse Ästhetik, was ein Merkmal des Expressionismus darstellt. Besonders auffällig ist an den ersten drei Versen, dass sich der erste mit dem dritten reimt, da das Gedicht eigentlich über kein Reimschema verfügt. Die sich reimenden Versenden „gestemmt“ (V.1) und „geklemmt“ (V.3) heben dabei nochmals den pietätslosen Umgang mit der Leiche hervor und akzentuieren dabei die emotionale Kälte des obduzierenden Arztes.
In den darauffolgenden Versen des zweiten Sinnabschnittes (V.4-12) beginnt das lyrische Ich mit der sachlichen und detaillierten Schilderung der Autopsie des Bierfahrers. Dabei hat das lyrische Ich die Brust des Bierfahrers geöffnet und schneidet Gaumen und Zunge mit einem „langen Messer“ heraus (V. 4ff). Dabei verdeutlicht dies die Brutalität des obduziernden Arztes. Die Aster rutscht ihm dabei in das „nebenliegende Gehirn“ (V. 9). Dabei fallen besonders die sich reimenden Versenden „herausschnitt“ (V.7) und „glitt“ (V.8) auf, da sie den Kontrast der Aster von dem Leichnam hervorheben. Während das lyrische Ich die Leiche brutal auseinandernimmt, umsorgt er die Aster regelrecht. Diese Begebenheit untermauert, dass das lyrische Ich für die Leiche keine emotionale Verbindung aufbaut, die Aster jedoch behütet, stellt eine gewisse Distanz und Gleichgültigkeit zwischen dem Sprecher und dem toten Bierfahrer dar. Die Sachlichkeit der Sezierung sowie die Benutzung des Präteritums ähneln eher an einen Bericht. Die Emotionslosigkeit wird durch den unbetonten Rhythmus des Gedichtes untermauert, da dies kein Metrum aufweist. Des Weiteren sind alle Verse durch Enjambements miteinander verbunden, was die Routine des obduzierenden Arztes akzentuiert. Des Weiteren holt das lyrische Ich die Aster raus und „packt sie ihm in die Brusthöhle/ zwischen die Holzwolle“ (V. 10f.). Dieser Vorgang untermauert erneut das emotionslose und routinierte Handeln des Arztes. Ebenso wird die Aster wieder in den Vordergrund des Geschehens gerückt, da sie anstatt weggeschmissen zu werden schützend „in die Brusthöhle“ (V.10) gelegt wird. Diese Geste untermauert erneut, dass das lyrische Ich die Aster umsorgt und eine emotionale Bindung zu ihr aufbaut, wohingegen der Körper der Leiche gleichgültig zugenäht wird. Auffällig an der Aussage „als man zunähte“ (V.12) ist das Pronomen „man“ (ebd.), da dieses anstelle des Personalpronomens „ich“ eingesetzt wird. Dadurch wird die Distanz zwischen dem lyrischen Ich und der Leiche hervorgehoben, wodurch zum Ausdruck kommt, dass die völlige Aufmerksamkeit des Sprechers auf der Aster liegt, wodurch die Obduktion gewissermaßen in den Hintergrund gestellt wird.
Der dritte und somit letzte Sinnabschnitt (V.13-15) setzt mit der Inversion „Trinke dich satt in deiner Vase!“ (V.13) ein, wobei das lyrische Ich konkret die Aster anspricht, wobei durch das Reflexivpronomen „dich“ (ebd.) die Aster von dem Sprecher vermenschlicht wird, wodurch eine gewisse Emotionalität und Verbindung aufgebaut wird. Die Leiche wird hier als „Vase“ (ebd.) gebraucht und somit vom lyrischen Ich objektiviert, was sein brutales und emotionsloses Handeln an der Leiche untermauert. Hier dient die Leiche des Bierfahrers als Nutzen für die Aster, da sie aus ihr trinken soll. Durch die abschließende Interjektion „Ruhe sanft, / kleine Aster!“ (V.14f.) gleicht die Atmosphäre eher einer Beerdigung bzw. eines Abschiedes als einer Obduktion. Da sich das lyrische Ich von der Aster verabschiedet, hebt nochmals die emotionale Bindung hervor, was seine Trauer erklären lässt. Auch der Tempus Wechsel von Präteritum zu Präsens lässt den Abschied der Aster emotional wirken. Der Umstand, dass auch die Aster stirbt, untermauert, dass das lyrische Ich der Auffassung ist, dass alles vergänglich ist, wobei er der Vergänglichkeit der Natur mehr Wert zuspricht als der der Menschheit. Die Begebenheit, dass die Aster sowohl im Titel erwähnt wird als auch zum Schluss des Gedichts stellt sie den Rahmen des Gedichtes dar, wodurch untermauert wird, dass der Fokus des Gedichtes eher auf ihr als auf den zu obduzierenden Leichnam liegt.
Luisa
Das vorliegende Gedicht ,,Kleine Aster”,aus der Epoche des Expressionismus, wurde von Gottfried Benn im Jahre 1912 verfasst und thematisiert die Entmenschlichung im Kontrast zur Vergänglichkeit.
Schon der Titel des Gedichts veranschaulicht die Vergänglichkeit, da die ,,kleine Aster” (V.0) eine Herbstblume symbolisiert, welche von Vergänglichkeit geprägt ist, da sie auch irgendwann verblüht. Das diminutive Adjektiv ,,kleine” (V.0) lässt die Blume hilflos wirkt. Dies lässt ersteinmals vermuten, dass das Gedicht von der Natur handelt.
Der erste Sinnabschnitt (V.1-3) steht mit den Worten ,,Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt.” (V.1) ein. Schon der unbestimmte Artikel ,,Ein” entmenschlicht den Leichnam, der anscheinend ertrunken ist, da dem Lyrischen Ich scheinbar nicht von Bedeutung ist, wer dieser Mann einmal war. Der Ausdruck ,,Bierfahrer” (ebd.) meint die damaligen Getränkelieferanten. Das Adjektiv ,,ersoffener” (ebd.)verdeutlicht die Brutalität und Emotionslosigkeit des Lyrischen Ichs, was auch durch das Verb ,,stemmen” (ebd.) veranschaulicht wird. Dies lässt auf einen pietätlosen Umgang mit der Leiche vermuten. Schon der erste Vers sorgt für die Verwirrung des Lesers, da dieser ein vollkommen anderes Gedicht vermutet hatte, aufgrund des Titels des Gedichtes. In den nächsten Versen wird wieder einmal die Entmenschlichung deutlich, da ,,Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhelllila Aster/ zwischen die Zähne geklemmt.” (V.2f.). Das Indefinitpronomen ,,Irgendeiner” (ebd.) führt abermals zur Entpersonalisierung des Menschen, es bringt die Unbedeutsamkeit des Todes für das Lyrische Ich zum Ausdruck. Zudem das neologistische Paradoxon ,,dunkelhelllila” (ebd.) zur Verwirrung des Lesers beiträgt. Auch die Farbe ,,lila” (ebd.) erinnert an eine Trauerfeier. Die genaue Beschreibung der Farbe des Pflanze zeigt, dass das Lyrische Ich der Pflanze mehr Ansehen erweist, als der Leiche auf dem Tisch. Der erste und zweite Vers reimen sich, aber sonst ist kein Metrum, Reimschema oder eine Einteilung in einzelne Strophen zu erkennen.
Der zweite Sinnabschnitt (V. 4-12) leitet einen Obduktionshergang ein. Der Vers beginnt mit den Worten ,,Als ich von der Brust aus/ unter der Haut/ mit einem langen Messer/ Zunge und Gaumen herausschnitt,/ muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt/ in das nebenliegende Gehirn.” (V. 4f.). Die sehr detaillierte Beschreibung bringt die sachliche und gefühlskalte Seite des Lyrischen Ichs zum Ausdruck. Das zum ersten Mal verwendete Personalpronomen ,,Ich” (ebd.) untermauert, dass das Lyrische Ich weiß wovon es spricht. Die genaue Beschreibung dieses medizinischen Vorganges zeigt, dass das Lyrische Ich diesen Vorgang schon öfters getätigt hat und emotional so viel Abstand von den Toten gewonnen hat, dass dieser Vorgang etwas ganz normales für es ist. Der Umgang mit einem ,,langen Messer” (ebd.) mit welches es ,,unter die Haut” (ebd.)schneiden ist für das Lyrische Ich etwas vollkommen normales, aber die emotionslose Schilderung wirkt auf den Leser sehr skurril und brutal. Der Hendiadyoin ,,Zunge” (ebd.) und ,,Gaumen” (ebd.) untermauert wieder einmal, dass das Lyrische Ich weiß wovon es spricht. Der darauffolgende Vers handelt von der Aster, auf die, in dem Gedicht, der Fokus liegt. Das Lyrische Ich muss die Aster ,,angestoßen haben, denn sie glitt/ in das nebenliegende Gehirn.” (ebd.). Vor allem dieser Vers steht in Kontrast zu den vorherigen, da die Verb ,,stoßen” (ebd.) und ,,gleiten” (ebd.) eine sehr liebevolle Ausprägung verdeutlichen, was im Kontrast zu dem Verb ,,stemmen” (ebd.) steht, da dieser die pietätlosen Umgang mit der Leiche verdeutlicht. Der achte und neunte Vers bilden einen Paarreim, was wiedermals einen Kontrast veranschaulicht.
Alina
Das expressionistische Gedicht „Kleine Aster“, welches 1912 von Gottfried Benn verfasst wurde, thematisiert die Nichtigkeit des Menschen.
Das 15- versige Gedicht lässt sich in vier Sinnabschnitte einteilen, da diese nur aus einer Strophe besteht. Jedoch die Überschrift „Kleine Aster“ sagt schon viel über das Gedicht aus, da sie im Gegensatz zum Bierfahrer in den Vordergrund gesetzt wird. Denn das Adjektiv „klein“(V. 0) verdeutlicht ein Gefühl von Emotionalität. Kleine Dinge möchte man beschützen, sie wirken sehr sanft und zerbrechlich. Das Substantiv „Aster“(ebd.) ist eine Herbstblume und somit nur in einer begrenzten Zeit blüht. Aufgrund dessen verdeutlicht die Aster die Zeit der Vergänglichkeit und nimmt damit direkten Bezug zur Epoche des Expressionismus, in der Trostlosigkeit, Tod und das Surreale von Bedeutung war. Zudem stellt die Überschrift eine weitere Verbindung zum Gesamtkontext des Gedichts her, da die Beziehung zwischen Mensch und Pflanze im Laufe des Gedichts geschildert wird und die Blume somit einen klaren Vorteil hat.
Zu Beginn des Gedichts erzählt Benn „Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt“(V. 1). Damit leitet der Autor sein Gedicht ein. Der unbestimmte Artikel „Ein“(ebd.), welcher darauf hinweist, dass die Leiche nicht konkret zu erkennen ist und es somit einer von vielen ist. Somit verallgemeinert der Autor die Menschen. Die Beschreibung wer die Person war. Außer ein „ersoffener Bierfahrer“(ebd.) lässt sich nicht herausfinden. „Bierfahrer“(ebd.) war zur Zeit des Expressionismus ein gängiger Beruf, der dafür zuständig war, mit einer Karre , Bier an die Haushalte zu liefern. Das Adjektiv „ersoffen“(ebd.) deutete auf einen brutalen Tod hin, denn normalerweise ertrinken Menschen., Das Verb 2WURDE28EBD:9 IST IM Präteritum verfasst und deutet darauf hin, dass die Situation schon vor längere Zeit passiert sein muss und der Autor von einem Geschehen berichtet. Zudem erzählt Benn davon, dass die Leiche „auf den Tisch gestemmt“(ebd.) wurde. Allein diese Beschreibung „gestemmt“(ebd.) wirkt sehr brutal und gefühlslos. Stemmen benutzt man, wenn etwas sehr schwer ist und mit viel Kraft getragen werden muss. Die Interpunktion, Punkt am Ende des Verses unterstreicht die Realität des Geschehens. Folgend spricht Benn davon, dass „Irgendeiner […] ihm eine dunkelhelllila Aster/zwischen die Zähne geklemmt [hatte]“ (V. 2). Dabei ist auffällig, dass das Indefinitpronomen „Irgendeiner“(ebd.) wieder keine klare Antwort darauf gibt, wer die Aster zwischen die Zähne der Leiche geklemmt hat. Somit baut sich eine seriöse und nachdenkliche Spannung auf, weil wieder erneut eine Unklarheit aufkommt. Auch wiederholt sich der Tempus im Verb „hat“(ebd.) und verweist auf eine schon vergangene Situation hin. Die Nennung der „dunkelhelllila Aster“(ebd.) wirkt sehr verwirrend aufgrund des Neologismus „dunkelhell“(ebd.) , denn dieser zeigt einen Kontrast zwischen dunkel und hell und verdeutlicht repetierend die Seriosität und Verwirrung der geschilderten Situation, denn eine Blume kann nicht dunkel und gleichzeitig hell sein. Vers zwei lässt sich durch ein Enjambement bei „Aster“(ebd.) trenne und folgt mit den Worten “zwischen die Zähne geklemmt“(V. 3). Der Zeilenbruch ist hier von besonderer Bedeutung, weil dadurch der Fokus auf die Aster gelegt wird und somit wichtig wirkt. Dies lässt sich auch auf den Gesamtkontext des Gedichts beziehen und auf die Wahl der Überschrift. Um die Situation fortzuführen, redet er davon, dass man die Aster zwischen die Zähne […] geklemmt [hat]“(V. 3). Dieser Vorgang wirkt wieder sehr irritierend, skurril und schräg, denn die Vorstellung einer Leiche eine Blume zwischen die Zähne zu klemmen, obwohl der Mensch nicht mehr lebt, deutet auf eine bestimmte Absicht hin. Das Adjektiv „geklemmt“(ebd.) wirkt sehr bedrückend und löst ein Gefühl von Angst aus. Angst und Druck ist daran festzuhalten, dass sich jeweils das letzte Wort in Vers eins und drei aufeinander reimt und mit der Interpunktion, Punkt beendet wird. Beide Adjektive lassen sich als Tautologie bezeichnen. Zudem verweist die Beschreibung und speziell die Verwendung der brutalen und skurrilen Adjektive auf einen pietätlosen Umgang mit dem Menschen hin. Dies lässt daraus schließen, dass Blume und Mensch in einer Beziehung zueinander stehen. Die Endung des Punktes untermauert die Realität der Situation und lässt damit Spannung aufbauen. Auffällig im ersten Sinnabschnitt ist das Reimschema, welches nicht eindeutig ist, aufgrund, dass sich Vers eins und drei reimen und Vers zwei alleine steht. Dies lässt den zweiten Vers in den Vordergrund stellen und somit auch die Aster, was wieder zeigt,, dass sie eine bedeutende Rolle im Gedicht hat.
Im zweiten Sinnabschnitt beginnt das lyrische Ich die Handlung einer daraus erkennbaren Obduktion detailliert zu beschreiben. Dass das lyrische Ich über die Handlung berichtet, wird daran deutlich, dass „Als ich von der Brust aus“(V. 4) das Personalpronomen „ich“(ebd.) verwendet wird. Außerdem lässt sich anhand des Gedichts und der Perspektive erkennen, dass Benn selber die Situation erlebt hat und somit seine eigene Obduktion, schildert. Das lyrische Ich beschreibt die Handlung „von der Brust aus“(ebd.) und führt fort mit „unter der Haut/ mit einem lanegn Messer“(v. 5f.). Das lyrische Ich beschreibt emotionslos, indem er seine Abfolge ohne weitere Kommentare von Gefühlen und Gedanken, erzählt. Der Gedanke unter der Haut mit einem langen Messer etwas aufzuschneiden, hinterlässt einen sehr bedrückenden und gefährlichen Eindruck. Die Hervorhebung des Enjambements hinter Haut und Messer hebt hervor, dass es für den Gerichtsmediziner nicht interessant ist, auf welche Art und Weise er einen Menschen behandelt. Daraufhin schildert er kontinuierlich, dass er „Zunge und Gaumen herausschnitt“(V. 7). Daran wird nochmal deutlich, dass es sich bei der Obduktion um einen Arzt handeln muss, da er wiederholt keine Gedanken und Gefühle die ihm dabei durch den Kopf gehen könnten erwähnt, scheint diese Art von Operation normal für ihn zu sein. Zudem wird langsam die Beziehung zum zwischen Arzt und Mensch deutlich, da das Verb „herausschneiden“(ebd.) sowie „gestemmt“(V.1) und „geklemmt“(v.3) den Umgang mit der Leiche beschreibt und alle Wörter einen sehr brutalen und skurrilen Gedanken hinterlassen. Im Gegenteil zur Aster, welche jetzt thematisiert wird, „muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt“(V. 8). Das Verhältnis zur Aster wird sofort anhand der Beschreibung deutlich, denn „anstoßen“(ebd.) wirkt sehr sanft und emotional. Auch dort wird der Beschützerinstinkt, welcher in der Überschrift auch schon angedeutet wird, klar. Dass es sich hierbei um die Aster handelt, wird an dem Personalpronomen „sie“(ebd.), deutlich, welches in Vers acht zweimal erwähnt wird und somit die Bedeutung und somit auch das <verhältnis der Blume dargestellt. Die sanfte und emotionale Art, die der Aster angeeignet ist, wird auch anhand des Verbs „gleiten“(V.8), hervorgehoben. Zudem lässt sich in Vers sieben und acht ein weiteres Reimpaar der jeweils letzten Wörter, herausfinden. „Herausschnitt“(V. 7) und „glitt“(V. 8). Beide Verben beziehen sich jeweils auf die Beziehung des Menschen und der Blume und stellt dadurch eine Verbindung zwischen beiden Hauptrollen und dem Arzt her. Daher, dass die Handlung kontinuierlich und emotionslos aus der Perspektive des Gerichtsmediziners geschildet ist, wird die direkte Beziehung zur Blume bzw. zum Menschen, deutlich. Aufgrund der sanften und emotionalen Wortwahl, lässt sich eine bedeutendere Beziehung zwischen Blume und Arzt feststellen. Dass der tote Mensch in den Hintergrund gestellt wird, erklärt sich auch bei der Beschreibung „in das nebenliegende Gehirn“(V. 9). Dies deutet darauf hin, dass das Gehirn der Leiche schon entnommen wurde und nicht mehr im Körper vorhanden ist und zeigt wieder die kalte Beziehung zum Menschen. Die Wertstellung der Menschen lassen sich jedoch gut auf den Expressionismus beziehen, denn Zustände wie Verzweiflung, Ängste und Endhumanisierung waren damals Realität. Insgesamt lässt sich anhand der detaillierten Beschreibung der Obduktion erkennen, dass die Aster aus dem Mund in das „nebenliegende Gehirn geglitten ist. Dies verleiht dem Gedicht wieder die skurrile und merkwürdige Art.
Nina K.
Gottfried Benns Gedicht „Kleine Aster“, veröffentlicht im Jahr 1912, thematisiert die Wertlosigkeit des Menschen in der Epoche des Expressionismus.
Schon der Titel „Kleine Aster“ deutet einen wichtigen inhaltlichen Aspekt an, denn er zeigt damit die eigentliche Thematik des Gedichts auf. Mit der Benennung der Aster im Titel wird schon gleich zu Anfang der Fokus auf die Blume gelegt, sodass ihr eine tiefere Bedeutung zugeschrieben wird. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass es sich bei der Aster um eine Herbstblume handelt und sie somit den Aspekt der Vergänglichkeit während des Gedichts symbolisiert. Auffällig ist hierbei, dass die Aster mit dem Adjektiv „klein […]“ (ebd.) beschrieben wird, sodass sie nicht nur an der ersten Stelle steht, sondern gleichzeitig auch eine sanfte und schutzlose Wirkung hinterlässt. Einen Kontrast dazu stellt der Beginn „Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt“ (V.1) dar, da die Aster aus dem Titel für neues Leben steht, das Gedicht jedoch mit einem Toten beginnt. Der verallgemeinernde, unbestimmte Artikel „[e]in“ (ebd.) zeigt hierbei, dass es sich bei dem Toten um einen von vielen handelt, und dass das lyrische Ich, das Pathologe zu sein scheint und an dem Bierfahrer eine Obduktion durchführt, keine Beziehung zu dem Toten zu haben scheint. Dies ist ebenfalls erkennbar an der Art und Weise, wie das lyrische Ich über den Bierfahrer spricht und wie es mit ihm umgeht. So sagt er, der Tote sei „ersoffen[…]“ (ebd.), was im Vergleich zum Verb ertrinken gröber und kälter wirkt. Zudem stemme er ihn auf den Tisch (vgl. ebd.), was ebenfalls auf eine grobe Umgangsweise schließen lässt, sodass festgehalten werden kann, dass das lyrische Ich keinerlei Beziehung zu dem Toten hat, geschweige denn Mitleid, da sein Umgang mit der Leiche respektlos wirkt. Das lyrische ich sieht keinen Wert in der Leiche, was zurückzuführen ist auf die Epoche des Expressionismus, in der dieses Gedicht entstanden ist. Die Einstellung zum Menschen hatte sich aufgrund der politisch angespannten Situation kurz vor dem ersten Weltkrieg geändert, was hauptsächlich auf die Industrialisierung zurückzuführen war, da die Arbeit, die der Mensch geleistet hatte, von Maschinen übernommen wurde. Somit nahm die Bedeutung der Maschinen zu und die des Menschen ab. Dies hatte sich so ins Negative geändert, dass der Mensch als Individuum seine Bedeutung und seinen Wert verloren hatte, auch genannt den Ich-Verlust. Dies spiegelt sich ebenfalls im Anfang und im weiteren Verlauf des Gedichts wider, vor allem im pietätlosen Umgang des lyrischen Ichs mit der Leiche. Dieser Aspekt wird ebenfalls durch das Indefinitpronomen „[i]rgendeiner“ (V.2) untermauert, da diese Formulierung die Leiche zu einer beliebigen Person, der von jemand beliebigem „eine dunkelhelllila Aster zwischen die Zähne geklemmt“ (V.2f.) bekommen hatte, macht. Diese Beliebigkeit impliziert gleichzeitig Bedeutungslosigkeit, sodass der Wert dieser Leiche, der vorher ein lebendiger Mensch war, verloren geht. Unterstützt wird dies vom Bild einer Leiche, die eine Blume zwischen den Zähnen hat, was nicht nur die Skurrilität der Situation untermauert, sondern gleichzeitig ein spottendes Licht auf die Leiche wirft, was den Aspekt des bedeutungslosen Lebens eines Menschen nur bekräftigt. Die aus dem Titel aufgegriffene Aster, die im Kontrast zur Leiche für Leben steht und somit gleichzeitig höhnend zwischen den Zähnen des Toten wirkt, wird mit dem Neologismus „dunkelhelllila“ (ebd.) antithetisch beschrieben. Die Farbe Lila steht in der Religion für Trauer und Begräbnis und greift somit mit der Antithese abermals die Skurrilität der Situation auf. Die folgenden Enjambements „Als ich von der Brust aus/ unter der Haut/ mit einem langen Messer/ Zunge und Gaumen herausschnitt,/ muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt/ in das nebenliegende Gehirn“ (V.4-9) sind ein repräsentatives Beispiel für die bildliche Sprache des Gedichts und weisen weitere neue Aspekte zum Inhalt auf. Die Splittung des Satzes in viele verschiedene Verse verstärkt die monotone Wirkung beim Lesen dieses Absatzes und verdeutlicht gleichzeitig, dass der beschriebene Vorgang des Aufschneidens der Leiche, für das lyrische Ich Routine ist und es somit kalt lässt. Dies verdeutlicht nochmals die fehlende emotionale Bindung an den Gestorbenen und dass er für das lyrische Ich bedeutungslos ist. Der Vorgang des Aufschneidens für die Obduktion wird sehr bildhaft und detailliert beschrieben und ist noch dazu im Präteritum verfasst. Dies erweckt den Eindruck eines Berichts, der die Aufgabe hat sachlich und neutral Geschehenes widerzugeben, was sich mit der Kälte des lyrischen Ichs verbinden lässt. Zudem erschafft die Erzählung in der Vergangenheit eine gewisse Distanz gegenüber dem Leser und dem Geschriebenen, sodass wieder die Emotionslosigkeit deutlich wird. Die Enjambements verstärken die Wirkung des Aufschneidens, da die verschiedenen Handlungen des Aufschneidens einzeln hingestellt an Bedeutung gewinnen. Dabei wird betont, dass das lyrische Ich erst die Brust, und dann unter der Haut bis zum Gesicht den Körper aufschneidet, um dann Körperteile aus dem Mund wie „Zunge und Gaumen“ (ebd.) zu entfernen. Diese detaillierte Beschreibung erschafft eine verstörende und skurrile Atmosphäre, aber gleichzeitig auch eine nahgehende, da man an sich selbst nachvollziehen kann wie das lyrische Ich vorgeht. Betont wird dies durch das Adjektiv „lang[…]“ (ebd.), das das Messer beschriebt was das lyrische Ich benutzt, sowie durch den Paarreim „[…]schnitt“ (V.7) und „glitt“ (V.8). Das „glitt“ (ebd.) am Ende des Verses hebt die Bedeutung des darauffolgenden Verses, in dem beschrieben wird wie die anfangs benannte Aster „in das nebenliegende Gehirn“ (V.9) fällt, das sich neben dem Körper befindet. Diese ebenfalls detaillierte Beschreibung zusammen mit den vorherigen Versen betonen die für den Expressionismus typische Ästhetik des Hässlichen, bei der das Hässliche, Kranke und Wahnsinnige so detailliert beschrieben wird, wie das Schöne.
Daraufhin wird beschrieben wie das lyrische Ich die Aster nimmt und sie in den Körper zu der Holzwolle legt, und sie dann in der Leiche zunäht (vgl. V.10ff.). Dieser Vorgang erinnert an eine Beerdigung und verdeutlicht gleichzeitig, dass das lyrische Ich den toten Menschen nicht wie einen Menschen behandelt, und dass er die Aster wie einen Menschen behandelt, obwohl sie keiner ist. Dies beweist nicht nur der Prozess der Beerdigung, sondern auch die Personifikation „Trinke dich satt in deiner Vase!“ (V.13), die die Aster vermenschlicht. Auffällig ist hierbei der Kontrast zwischen dem was dem lyrischen Ich etwas bedeutet, und dem, was es als wertlos betrachtet. Die Verdrehung der Rollen wird dadurch deutlich, dass das lyrische Ich den Menschen als Grab für die Blume benutzt und ihn noch dazu als „Vase“ (ebd.) missbraucht, ihn also metaphorisch mit einem Objekt gleichstellt. Dies verdeutlicht ebenfalls die Bedeutungslosigkeit des Menschen. Zudem ist auffällig, dass das lyrische Ich die Aster anspricht mit dem Pronomen „dich“ (V.13), was die Blume abermals vermenschlicht. Zudem findet ab Zeile 13 ein Tempuswechsel statt, sodass vom Präteritum, das distanzierter wirkt, zum Präsenz gewechselt wird, das Nähe und Unmittelbarkeit verdeutlicht, die das lyrische Ich zur Aster hat, jedoch nicht zum Menschen. Die letzten beiden Verse „Ruhe sanft,/ kleine Aster!“ (V.14f.) drücken Endgültigkeit in Form eines Ausrufs aus und „Ruhe sanft“ (ebd.) erinnert an den Abschied eines Geliebten bei einer Beerdigung. Das Adjektiv „sanft“ (ebd.) schafft zusammen mit der Wiederholung des Titels „Kleine Aster“ eine Verbindung zum Anfang des Gedichts, wodurch abermals die Bedeutung der Aster für das lyrische Ich hervorgehoben wird. Zudem ist hinzuzufügen, dass neben den zwei Paarreimen „gestemmt“ (V.1) und „geklemmt“ (V.2) sowie „[…]schnitt“ (V.7) und „glitt“ (V.8) kein Reimschema vorliegt. Außerdem hat das Gedicht einen freien Rhythmus und besteht aus einer Strophe mit 15 Versen. Dies unterstützt den Aspekt der Skurrilität der Situation.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass es sich bei dem Gedicht um eine Leiche während einer Obduktion handelt, dessen Wert und Würde unter die einer Aster gesetzt wird. Dies wird deutlich durch die an eine Beerdigung erinnernden Aktionen, sowie der Gleichstellung des Menschen mit einem Objekt. Deutlich wird hierbei der Verlust der Bedeutung eines einzelnen Menschen in der Zeit des Expressionismus, sowie die Ästhetik des Hässlichen. Allgemein setzt sich das Gedicht mit dem Ende eines Lebens und seiner Vergänglichkeit auseinander. All dies wird unterstrichen durch ein fehlendes Metrum und Reimschema, sowie durch Antithesen und bildlicher Sprache.
Lorena
Bei dem vorliegenden Text mit dem Titel „Kleine Aster“, verfasst von Gottfried Benn und veröffentlicht im Jahr 1912, handelt es sich um ein Gedicht aus der Zeit des Expressionismus. Thematisiert wird …
Das Gedicht umfasst eine Strophe, bestehend aus 15 Versen. Es ist kein Reimschema auszumachen, zu finden sind ein einzelner Kreuzreim und ein Paarreim. Ebenso lässt sich das Gedicht durch einen freien Rhythmus kennzeichnen.
Der zu analysierende Text setzt mit der Aussage „Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt“ (V. 1) ein. Die Einleitung durch den unbestimmten Artikel „[e]in“ (ebd.) in Bezug auf den ersoffenen Bierfahrer deutet auf eine emotionslose Atmosphäre hin. Diese wird durch die umgangssprachliche Bezeichnung „ersoffen[…]“ (V. 1) anstelle der formaleren und fachlichen Betitelung ertrinken. Weiterhin spielt auch der Umstand, dass die Leiche „auf den Tisch gestemmt“ (V. 1) wurde, was auf einen pietätlosen Umgang mit der Leiche hinweist, darauf an, dass die Atmosphäre, in der sich das lyrische Ich befindet sehr kalt und emotionslos ist. Im weiteren Verlauf beschreibt das lyrische Ich „Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhelllila Aster / zwischen die Zähne geklemmt“ (V. 2 f.). Parallel zum ersten Vers ist hier die Einleitung, in diesem Fall durch das Indefinitpronomen „Irgendeiner“ (V. 2), welches gleichermaßen, wie der unbestimmte Artikel, Unpersönlichkeit und somit Emotionslosigkeit verdeutlicht. Die bisher sehr sachliche Beschreibung des lyrischen Ichs wird durch das Paradoxon „dunkelhelllila“ (V. 2) in Bezug auf die Farbe der Aster unterbrochen. Das Paradoxon legt den Fokus des Lesers auf die Aster, welche einen Kontrast zu der Leiche bildet. Die Aster, die bereits im Titel des Textes erwähnt wird, ist eine Blume die vorzugsweise im Herbst blüht. Dieser Umstand zeigt auf, dass es sich bei der Aster um ein Symbol für Vergänglichkeit handelt. Der Titel „Kleine Aster“ lässt sich daher wie folgt interpretieren. Die Verniedlichung der Aster durch das Adjektiv „[k]lein[…]“