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Benn, Kleine Aster
Sarah
Das expressionistische Gedicht „Kleine Aster“, welches von Gottfried Benn verfasst und im Jahre 1912 veröffentlicht wurde, thematisiert die Nichtigkeit des Menschen bezüglich des derzeitigen Ich-Verlusts.
Das Gedicht beginnt mit dem Titel „Kleine Aster“, welcher direkt zu Beginn die darin benannte Herbstblume in den Vordergrund rückt. Auffallend ist hier jedoch besonders das verniedlichende Adjektiv „klein“, welches die Blume als etwas schutzloses darstellt. Da hier in diesem Kontext kein Artikel verwendet wird, klingt der Titel nahezu schon wie ein Name, der die Blume indirekt vermenschlicht, weshalb bereits hier eine emotionale Atmosphäre bezüglich der Blume entsteht. Jedoch stellt die Tatsache, dass die Aster eine Herbstblume ist, auch voran, dass das Gedicht die Thematik der Vergänglichkeit beinhaltet, da der Herbst auf metaphorische Weise für eben diese steht. In diesem Kontext setzt der erste Sinnabschnitt des Gedichtes (V. 1-3) mit den Worten „Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt“(V. 1) ein. Somit bestätigt der Vers den Titel in seiner Bedeutung, indem es hierbei um Tod und Vergänglichkeit geht. Dass eben diese Vergänglichkeit allgegenwärtig ist und somit in jedem steckt, wird im unbestimmten Artikel „Ein“(ebd. ) deutlich, der zugleich zeigt, dass ein einzelnes Individuum keinen Wert hat. Somit sei die ertrunkene Person, die beruflich Bier transportiert und ausliefert, eine willkürliche Person aus einer Masse von Menschen. Diese Sicht des lyrischen Ichs, die jedoch in der Epoche des Expressionismus viele vertraten, wird hier durch eine gewisse Brutalität der Ausdrucksweise deutlich. Eben diese zeigt sich in diesem Vers exemplarisch am Adjektiv „ersoffen“(ebd. ), welches anstelle von ertrunken genutzt wird und so den umgangssprachlichen Ausdruck im Gesamtgedicht akzentuiert. Eben diese Ausdrucksweise, die gewissermaßen brutal und skurril wirkt, setzt sich in den Worten „wurde auf den Tisch gestemmt“(ebd. ) fort. Hierbei wird eine eher emotionslose Atmosphäre vermittelt, indem pietätlos mit der Leiche während der Obduktion umgegangen wird. Eben diese vermittelte Emotionslosigkeit stellt eine Antithese zum Titel dar, die den Menschen als nichtig und die Blume im Kontrast als etwas sehr Emotionales, Lebendiges darstellt. Diese Kontrastierung setzt sich auch im zweiten und dritten Vers fort, welcher die kleine Aster erstmals im Gedicht aufgreift. Besonders wird dabei in „Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhelllila Aster/ zwischen die Zähne geklemmt“(V. 2 f. ) die Blume erneut in den Vordergrund gerückt, was auch der Zeilensprung unterstreicht, durch welchen der zweite Vers mit der „Aster“(ebd. ) endet. Diese wird durch den paradoxen Neologismus „dunkelhelllila“(ebd. ) beschrieben, wobei die Farbe lila im Allgemeinen für Trauer oder im christlichen Sinne auch für ein Begräbnis steht, was sich auf den Fortgang des Gedichts bezieht. Jedoch deutet eine Wortneufindung bezüglich der Aster insgesamt auch auf etwas ungewohntes oder vielleicht auch unnatürliches hin, was auf den hohen Wert der Aster im Vergleich zur Nichtigkeit des Menschen verweist. Genau diese Nichtigkeit zeigt sich dabei auch noch einmal im Indefinitpronomen „Irgendeiner“(ebd. ), welches einen möglichen Täter verallgemeinert und diesen somit auch als nichtig dastehen lässt, als sei alleinig die Blume von Bedeutung. In diesem Zusammenhang steht die Blume dabei antithetisch zum toten Menschen, für das Leben und somit auch für Hoffnung. So verleiht die Blume dem Hässlichen des Todes auch eine gewisse Ästhetik, die jedoch eine alberne, skurrile Wirkung beinhaltet, die jedoch typisches Merkmal des Expressionismus ist. Eine derartige Skurrilität wird auch daran deutlich, dass die Aster der Leiche „zwischen die Zähne geklemmt“(V. 3) war, was eher an einen Verführer als an einen Todesfall erinnert. Zugleich wird so jedoch auch die Sicht des lyrischen Ichs deutlich, der die Menschen als nichtig und vielleicht sogar schlecht ansieht, die Blume und die Natur dahingegen jedoch als Opfer der Menschen dastehen lässt, sodass dieser nach Meinung des lyrischen Ichs mehr Würde gebührt. Besonders wird dies auch nochmal am Reim in den Worten „gestemmt“(V. 1) und „geklemmt“(V. 3) deutlich, da diese den Menschen selbst und den Umgang mit diesem als emotionslos darstellen.
Der zweite Sinnabschnitt (V. 4-12) befasst sich mit der Obduktion der Leiche und akzentuiert so noch einmal besonders den pietätlosen Umgang mit einem Menschen. So schildert das lyrische Ich die Situation mit den Worten „Als ich von der Brust aus/ unter der Haut/ mit einem langen Messer/ Zunge und Gaumen herausschnitt,/ muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt/ in das nebenliegende Gehirn“(V. 4 ff. ). Insgesamt klingt hier eine gewisse Routine an, die andeutet, dass das lyrische Ich Pathologe ist und der Einzelfall des Ertrunkenen für ihn keine Rolle spielt. Eben diese Routine wird besonders an der Konjunktion „Als“(ebd. ) sowie der emotionslosen sachlichen Schilderung deutlich. Zu dieser Sachlichkeit trägt besonders auch die Verwendung des Präteritums bei, die die ersten Sinnabschnitte wie einen Bericht wirken lässt. In diesem sprachlichen Kontext fällt zugleich auf, dass weder Metrum, noch Reimschema vorhanden sind, was eher untypisch für die Epoche ist. Jedoch dient dies der berichtenden Darstellungsweise, in der im Normalfall keine Aspekte der Kunst wie auch Metrum usw. inbegriffen sind. Jedoch deutet die allgemeine berichtende Sprache auch eine gewisse Fremde an, die das lyrische Ich zum Menschen hat, wodurch erneut die Nichtigkeit des Menschen deutlich wird. Hierbei spiegelt das lyrische Ich jedoch das Denken vieler Menschen im frühen zwanzigsten Jahrhundert wieder, die Individuum und vor allem Persönlichkeit als unwichtig und in gewissem Maße auch unwürdig ansahen. Um diese Sichtweise zu vermitteln, schildert das lyrische Ich seine Vorgehensweise im Enjambement erneut brutal, was zum Beispiel am Nomen „lange[s] Messer“(V. 6) oder aber am Verb „herausschneiden“(V. 7) deutlich wird. Im Kontrast zu alledem steht letztlich erneut die Aster, welche ins Gehirn „glitt“(Z. 8). Hier fällt besonders in der Wortwahl und im antithetischen Reim von „schnitt“(V. 7) und „glitt“(V. 8) die Beschönigung der Aster auf, die das lyrische Ich gewissermaßen zu beschützen versucht, während er den Menschen brutal auseinandernimmt. Diese Kargheit wird auch noch einmal in den Worten „glitt/ in das nebenliegende Gehirn“ (V. 8 f. ) ausdrücklich, da das hier schon entnommene Organ des Menschen, das seine gesamte Persönlichkeit ausgemacht hat, als Objekt beschrieben wird und somit erneut nichtig wirkt. Der Text dreht also gewissermaßen die Rollen um, indem er jegliche Emotionalität und vor allem auch das Mitempfinden des lyrischen Ichs auf die Aster überträgt. Dies wird auch in der Vermutung des lyrischen Ichs „muß ich sie angestoßen haben“(V. 8) deutlich, indem es diese Tat unbewusst und unabsichtlich tut, während es den Menschen absichtlich und ohne Rücksicht obduziert. Die Situation spitzt sich jedoch in den folgenden Versen noch weiter auf die Vermenschlichung der Blume zu. So geht das Gedicht mit den Worten „Ich packte sie ihm in die Brusthöhle/ zwischen die Holzwolle“(V. 10 f. ) weiter. Diese Situation erinnert an eine Art Beerdigung, welche die Blume noch einmal stärker vermenschlicht und die Wertlosigkeit des Menschen selbst verringert, indem dieser als Grab dient. Gewissermaßen lassen sich hierbei auch Parallelen zur derzeitigen Industrialisierung erkennen, indem die Menschen durch diese einen Teil der Natur zerstörten, weshalb hier gewissermaßen der Mensch als Grab für die Blume, als Repräsentant der Natur, dient. Besonders stärkt dabei die Tatsache, dass das lyrische Ich die Blume „in die Brusthöhle“(V. 10) tut diesen Aspekt, da die Blume somit als eine Art Lebensantrieb für den Menschen an Stelle seines Herzens dargestellt wird, den nur die Natur bietet. Die Holzwolle, ein Baumaterial, mit welchem früher Kuscheltiere und Leichen ausgestopft wurden, kann man dabei bildlich als eine Art Erde oder Sarg sehen. Diese sehr bildlich dargestellte Situation endet damit, dass er die Blume „beerdigte“ „als man zunähte“(V. 12).
Der dritte und somit letzte Sinnabschnitt setzt mit dem Ausruf „Trinke dich satt in deiner Vase!“(V. 13) ein, welcher die Aster schlussendlich personifiziert, indem das lyrische Ich diese im Reflexivpronomen „dich“(ebd. ) wie einen Freund anspricht. Besonders stellt dabei das „Trinken“(ebd. ) eine symbolische Personifikation dar, indem sich die Blume vom Menschen nähren soll, wie es eigentlich der Mensch von der Natur tut. Somit dreht das lyrische die Rollen von Mensch und Pflanzen um, wodurch er den Pflanzen erheblichen Wert zuspricht und die Menschen als nichtig erklärt. In diesem Kontext nennt es den Menschen metaphorisch eine „Vase“(V. 13), wodurch es den Menschen objektiviert. Besonders weist zudem auch der Tempuswechsel ins Präsenz von der Nichtigkeit des Menschen, indem nun eine Nähe oder Unmittelbarkeit zur Blume geschaffen wird, die emotionaler wirkt und so den Mensch als etwas Fernes, Irrelevantes in den Hintergrund rückt. Zuletzt spitzt das lyrische Ich diese Bedeutsamkeit der Natur im Kontrast zur Unbedeutsamkeit des Menschen mit den Worten „Ruhe sanft,/ kleine Aster!“(V. 14 f. ) zu, indem er der Blume eine Art Grab und Beerdigung schafft und den vor sich liegenden Menschen dabei nur als eine Art Mittel zum Zweck ansehen, also als das, als das die Menschen die Natur ansehen. Hierbei akzentuiert es jedoch zugleich die Vergänglichkeit aller Dinge, wobei das lyrische Ich der Vergänglichkeit der Natur wesentlich mehr Wert zuspricht, wodurch sich auch seine Trauer erklären lässt.
Zusammenfassend stellt das Gedicht die Nichtigkeit eines Individuums und der Persönlichkeit im frühen 20. Jahrhundert dar, die unter anderem durch die Industrialisierung bedingt war. Eben diese Nichtigkeit wird besonders im groben Umgang mit der Leiche im Gedicht verglichen zum Umgang mit der Aster, aber auch in der eher berichtenden Sprache deutlich. Dass die Natur eine wesentlich größere Rolle spielt, wird anhand der Vermenschlichung der Blume deutlich, indem diese durch sehr bildhafte Sprache als schutzlos dargestellt wird, während der Mensch keinerlei Beachtung erhält.
Diana
Bei dem vorliegendem Text mit dem Titel ,,Kleine Aster“ von Gottfried Benn handelt es sich um ein Gedicht, welches im Jahr 1912 veröffentlicht wurde und der Epoche des Expressionismus zu zuordnen ist. Thematisch geht es dabei um Entmenschlichung und Vergänglichkeit bezüglich der Identität und Individualität.
Der Titel ,,Kleine Aster“ verdeutlicht bereits, dass die Aster in dem Gedicht im Fokus liegt, statt der Bierfahrer, welcher einer Obduktion unterzogen wird. Dabei ist die Aster eine Blume, welche im Herbst blüht, wodurch diese also Vergänglichkeit symbolisiert. Das Adjektiv ,,klein“ wirkt dabei verniedlichend und verdeutlicht, dass das lyrische Ich das Gefühl hat die Aster beschützen zu müssen und dadurch wird Emotion ausgedrückt. Im Gegensatz dazu steht der erste Vers mit der Aussage ,,Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt“ (V.1), da dieser Vers die Emotionslosigkeit und Kälte des lyrischen Ichs der Leiche aufgrund des pietätlosen Umgangs mit dem Verstorbenen gegenüber verdeutlicht. Das Adjektiv ,,ersoffen“ (ebd.) verdeutlicht dabei die emotionale Distanz des lyrischen Ichs dem Bierfahrer gegenüber da, sowie die emotionale Kälte gegenüber des Verstorbenen. Dies wird auch durch die Tatsache deutlich, dass der Bierfahrer ,,auf den Tisch gestemmt“ (ebd.) wird, was ebenfalls die pietätlosen Umgang mit dem Bierfahrer verdeutlicht, da dieser auf den Tisch sozusagen mehr oder weniger drauf geworfen wird, statt normal hingelegt, wodurch ebenfalls die Emotionslosigkeit des lyrischen Ichs hervorgebracht wird. Der unbestimmte Artikel ,,ein“ (ebd.) bringt hervor, dass es dem lyrischen Ich nicht wichtig ist, wer genau der Mann ist, sondern er nur einer von vielen, also nur ein Verstorbener ist, der obduziert werden muss, was ebenfalls kalt und emotionslos sowie brutal wirkt. In der nächsten Aussage ,,Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhellila Aster/ zwischen die Zähne geklemmt“ (V.2 f.) wird dabei der Fokus auf die Aster gelegt und nicht mehr auf dem Bierfahrer, wobei das Indefinitpronomen ,,Irgendeiner“ (ebd.) verdeutlicht, dass das lyrische Ich sich nicht damit auseinandersetzt, wer die Aster zwischen die Zähne geklemmt hat, wobei dieser Umstand irritierend und fragwürdig wirkt. Auch die Farbe der Aster wirkt paradox (vgl. V. 2), da die Farbe nicht hell und dunkel zu gleich sein kann. Dieser Neologismus und auch gleichzeitig Paradoxon unterstützt dabei die verwirrende Situation und lenkt den Fokus auch auf die Aster und nicht auf den Verstorbenen. Auffällig ist auch, dass auch wenn es eigentlich kein Reimschema, kein Metrum und auch keine Strophen vorhanden sind, sich die Enden der beiden Verse 1 und 3 reimen. Dabei verdeutlichen sowohl die Verben ,,stemmen“ (ebd.) als auch ,,klemmen“ (ebd.) den harten und emotionslosen Umgang mit der Leiche. Des Weiteren beschreibt und schildert das lyrische Ich, was es bei der Obduktion tut. Die Aussage ,,Als ich von der Brust aus/ unter der Haut/ mit einem langen Messer/ Zunge und Gaumen herausschnitt, muß ich sie angestoßen haben“ (V. 4 ff.) verdeutlicht, dass die Aster erneut ins Zentrum des Geschehens gerückt wird, auch wenn die Beschreibung der Obduktion ausführlicher ist, da die Obduktion in einem Nebensatz beschrieben wird als Ursache dafür, dass die Aster gefunden wurde und die Aster dadurch, dass sie im Hauptsatz der Aussage geschildert wird, im Fokus steht und die Obduktion nur nebensächlich ist. Diese Beschreibung der Obduktion erinnert dabei an einen Bericht, der sachlich und emotionslos ist, wobei das Präteritum in der Beschreibung ebenfalls an einen Bericht erinnert. Durch diese emotionslose Beschreibung der Obduktion wird der Bierfahrer entmenschlicht und das lyrische Ich beschreibt nur die Routine seiner Arbeit, wobei der Tod dieses Menschen es völlig emotionslos und kalt lässt. Das ,,lange[.]“ (ebd.) Messer und auch das Verb ,,herausschneiden“ (ebd.) verdeutlichen dabei die Brutalität der Obduktion und die Enjambements, welche die Verse miteinander verbindet, unterstützt die Beschreibung der brutalen Obduktion. Wie zuvor erwähnt, liegt der Fokus in dieser Aussage erneut auf der Aster, welche das lyrische Ich entdeckt hat, wobei im Kontrast zu der brutalen und emotionslosen Schilderung der Obduktion und auch den pietätlosen Umgang mit dem Verstorbenen, die Aster regelrecht umsorgt wird und Emotionen im lyrischen Ich weckt. Dies wird deutlich, wenn es heißt, dass das lyrische ich ,,sie angestoßen haben“ (ebd.) muss und sie ,,in das nebenliegende Gehirn [glitt]“ (V. 9). Die Verben ,,anstoßen“ und ,,gleiten“ verdeutlichen dabei das Umsorgen der Aster und ebenso den guten Umgang mit dieser, wohin das lyrische Ich kalt und brutal mit dem Bierfahrer umgeht. Die Tatsache, dass das lyrische Ich für den Verstorbenen keine Emotionen aufbringt, jedoch die Aster umsorgt und ins Zentrum des Geschehens stellt, verdeutlicht die Entfremdung des lyrischen Ich zu dem Menschen und die Brutalität und Emotionslosigkeit. Außerdem ist es auffällig, dass die Versenden der Verse 7 und 8 sich reimen, wobei das Verb ,,herausschneiden“ (ebd.) auf den Leichnam bezogen ist und das Verb ,,gleiten“ (ebd.) auf die Aster. Die beiden Verben stellen eine Kontrast dar, der den gegensätzlichen Umgang mit der Aster und mit der Leiche vor Augen führt, da mit der Leiche brutal umgegangen wird, wohin gegen die Aster umsorgt wird. Der Reim führt dabei diesen gegensätzlichen Umgang vor Augen. Die nächste Aussage ,,Ich packte sie ihm in die Brusthöhle/ zwischen die Holzwolle,/ als man zunähte“ (V. 10 ff.) verdeutlicht erneut, dass die Aster umsorgt wird und der Verstorbene kalt und emotionslos behandelt wird, wobei die Aster erneut im Fokus steht. Die Tatsache, dass das lyrische Ich die Aster ,,ihm in die Brusthöhle“ (ebd.) legt, verdeutlicht das Umsorgen der Aster, da diese nicht einfach weggeworfen wird, sondern geschützt weggepackt wird, wohin gegen die Brusthöhle mit Holzwolle gefüllt wird, was erneut die emotionslose Schilderung verdeutlicht. Zudem verdeutlicht die Aussage ,,als man zunähte“ (ebd.), dass erneut der Fokus völlig auf der Aster liegt, da das Zunähen als eine Nebentätigkeit in dem Nebensatz ausgesagt wird und die Aussage aber thematisiert, dass die Aster weggepackt wird. Das Pronomen ,,man“ (ebd.) in dieser Aussage an Stelle des Personalpronomen ,,ich“ (ebd.) verdeutlicht dabei die Distanz zu dem Leichnam, sowie die Entfremdung des lyrischen Ichs zu dem Menschen. Dadurch wird auch ausgesagt, dass die Obduktion nicht so wichtig ist und eher nebensächlich, sodass es keine Rolle spielt, wer den Mann wieder zunäht, da die Aster das Zentrum darstellt. Zu dem wird in dieser Aussage der Bierfahrer nicht mehr erwähnt, sondern allgemein beschrieben, dass zugenäht wird, was ebenfalls die Entfremdung, die Gleichgültigkeit und Emotionslosigkeit zu dem Bierfahrer hervorbringt und das lyrische Ich die Obduktion als Routine sieht. In der nächsten Aussage ist es auffällig, dass die Aster von dem lyrischen Ich angesprochen und somit vermenschlicht wird, was die Aussage ,,Trinke dich satt in deiner Vase!“ (V.13) zum Ausdruck bringt. Durch das Nomen ,,Vase“ (ebd.) wird der Bierfahrer zum Gegenstand gemacht und durch die Ansprache des lyrischen Ichs an die Aster wird diese jedoch vermenschlicht, was erneut den Kontrast des Umgangs mit der Aster und des Umgangs mit dem Bierfahrer hervorhebt. Die Entmenschlichung des Bierfahrers wird auch dadurch deutlich, dass das lyrische Ich, da es den Bierfahrer als Gegenstand betrachtet, in dem Bierfahrer einen Zweck für die Aster sieht, sodass die Aster wichtiger und bedeutsamer ist, als der verstorbene Bierfahrer und die Aster über diesen gestellt wird. Das Ausrufezeichen verdeutlicht und untermauert dabei die Emotionen, die aufgrund der Aster bei dem lyrischen Ich hervorkommen, wobei durch die Entmenschlichung des Bierfahrers erneut die Emotionslosigkeit und Kälte hervorgebracht wird. Die letzte Aussage ,,Ruhe sanft/ kleine Aster“ (V. 14 f.) erinnert an einen emotionalen Abschied auf einer Beerdigung, wobei für gewöhnlich dies einem Menschen gewünscht wird. Jedoch wünscht das lyrische Ich dies nicht dem Bierfahrer sondern der Aster, sodass dies erneut verdeutlicht, dass das lyrische Ich dem Bierfahrer gegenüber kalt ist und keine Emotionen aufbringen kann, jedoch bei der Aster emotional wird und diese umsorgt und somit die Aster für es wichtiger ist. Das Adverb ,,sanft“ (ebd.) verdeutlicht die Emotionen, die das lyrische Ich für die Aster aufbringt und im zweiten Teil der Aussage ebenfalls verdeutlicht, wobei dadurch der Titel aufgegriffen wird. Somit wird erneut durch das Adjektiv ,,klein“ (ebd.) die emotionale Umsorgnis zum Ausdruck gebracht. Auffällig bei dieser Verabschiedung ist vor allem auch der Tempus-Wechsel, wobei nun das Präsens verwendet wird, wodurch der Abschied unmittelbar wirkt und nicht mehr berichtend und sachlich, wie emotionslos. Auch hier wird am Ende der Aussage ein Ausrufezeichen verwendet, was erneut die Emotionalität des lyrischen Ichs bezüglich des Abschieds verdeutlicht. Die Tatsache, dass die Aster sowohl im Titel erwähnt wird als auch zum Schluss des Gedichts und somit die Aster sozusagen den Rahmen des Gedichts bildet, wird die Aster in den Fokus gelegt und hervorgehoben und bleibt stärker im Gedächtnis.
Luisa
Das vorliegende Gedicht ,,Kleine Aster”,aus der Epoche des Expressionismus, wurde von Gottfried Benn im Jahre 1912 verfasst und thematisiert die Entmenschlichung im Kontrast zur Vergänglichkeit.
Schon der Titel des Gedichts veranschaulicht die Vergänglichkeit, da die ,,kleine Aster” (V.0) eine Herbstblume symbolisiert, welche von Vergänglichkeit geprägt ist, da sie auch irgendwann verblüht. Das diminutive Adjektiv ,,kleine” (V.0) lässt die Blume hilflos wirkt. Dies lässt ersteinmals vermuten, dass das Gedicht von der Natur handelt.
Der erste Sinnabschnitt (V.1-3) steht mit den Worten ,,Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt.” (V.1) ein. Schon der unbestimmte Artikel ,,Ein” entmenschlicht den Leichnam, der anscheinend ertrunken ist, da dem Lyrischen Ich scheinbar nicht von Bedeutung ist, wer dieser Mann einmal war. Der Ausdruck ,,Bierfahrer” (ebd.) meint die damaligen Getränkelieferanten. Das Adjektiv ,,ersoffener” (ebd.)verdeutlicht die Brutalität und Emotionslosigkeit des Lyrischen Ichs, was auch durch das Verb ,,stemmen” (ebd.) veranschaulicht wird. Dies lässt auf einen pietätlosen Umgang mit der Leiche vermuten. Schon der erste Vers sorgt für die Verwirrung des Lesers, da dieser ein vollkommen anderes Gedicht vermutet hatte, aufgrund des Titels des Gedichtes. In den nächsten Versen wird wieder einmal die Entmenschlichung deutlich, da ,,Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhelllila Aster/ zwischen die Zähne geklemmt.” (V.2f.). Das Indefinitpronomen ,,Irgendeiner” (ebd.) führt abermals zur Entpersonalisierung des Menschen, es bringt die Unbedeutsamkeit des Todes für das Lyrische Ich zum Ausdruck. Zudem das neologistische Paradoxon ,,dunkelhelllila” (ebd.) zur Verwirrung des Lesers beiträgt. Auch die Farbe ,,lila” (ebd.) erinnert an eine Trauerfeier. Die genaue Beschreibung der Farbe des Pflanze zeigt, dass das Lyrische Ich der Pflanze mehr Ansehen erweist, als der Leiche auf dem Tisch. Der erste und zweite Vers reimen sich, aber sonst ist kein Metrum, Reimschema oder eine Einteilung in einzelne Strophen zu erkennen.
Der zweite Sinnabschnitt (V. 4-12) leitet einen Obduktionshergang ein. Der Vers beginnt mit den Worten ,,Als ich von der Brust aus/ unter der Haut/ mit einem langen Messer/ Zunge und Gaumen herausschnitt,/ muß ich sie angestoßen haben, denn sie glitt/ in das nebenliegende Gehirn.” (V. 4f.). Die sehr detaillierte Beschreibung bringt die sachliche und gefühlskalte Seite des Lyrischen Ichs zum Ausdruck.