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Kompetenzorientierung, die Ware Bildung

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Kompetenzbegriff

Während der Lehrplan-/inhaltsorientierte Unterricht bestimmte vorgegebene Inhalte lehrt und die Lehrkräfte diese dann in verschiedenen Methoden unterrichten müssen, wird bei der Kompetenzorientierung keine konkrete Vorgabe gemacht. Es wird nur bestimmt, was herauskommen soll. Es soll dabei um den nachhaltigen Aufbau eines lebendigen und anwendungsbezogenen Wissens gehen. Aber ein rein kompetenzorientierter Unterricht birgt auch gewisse Probleme. Kompetenzen sind in jedem Fall eine notwendige, aber keineswegs eine hinreichende Bedingung des Unterrichts. Die Kompetenzorientierung ist, wie oben beschrieben, eine Lernzieldidaktik. Inhalte und Werte sind indes nur Mittel zum Zweck, um kompetenzorientierte Lernziele zu erreichen. Lernzieldidaktiken instrumentalisieren die eigene Aktivität und Interessen der SuS, um vorgegebene Ziele zu erreichen. Gerade im Philosophieunterricht fehlt die Offenheit des Philosophierens. Philosophische Fragen sind an sich schon interessant und förderlich für den Unterricht, ebenso wie Werte oder philosophische Haltungen. Es werden Fragen außer Acht gelassen, wie die Frage nach bestimmten Werten, die zentral für philosophische Bildung sind oder die Frage nach bestimmten Inhalten. Werte und Inhalte müssten aber für den Kompetenzerwerb vorausgesetzt werden. So sagt Kirsten Meyer: "Eine philosophiedidaktische Einordnung der Forderung nach Kompetenzorientierung kann nur gelingen, wenn man sie mit einer Reflexion über die Ziele des Philosophie- und Ethikunterrichts verbindet."[1]

Meyers Ansicht, dass Kompetenzorientierung bzw. die Inhalte des Philosophieunterrichts nicht an ökonomischen Zwecken ausgerichtet werden sollen, kann zu der Ansicht führen, dass Philosophieunterricht verstärkt Kompetenzen fördern müsse. Andererseits kann hierbei die Gefahr bestehen, dass den SuS keine inhaltlichen Kenntnisse mehr vermittelt werden. Dies wiederum kann einer Förderung von Kompetenz als Fähigkeit zur Problemlösung nicht mehr gerecht werden, sondern entgegenwirken (vgl. hierzu die Definition von Weinert; vgl. hierzu Meyer, S. 105), SuS sollten Beispielsweise demnach nicht nur dazu in der Lage sein, Informationen zu philosophischen Inhalten zu beschaffen und seriöse von weniger seriösen Quellen zu unterscheiden, sondern auch selbst philosophische Fragestellungen aufzustellen und Probleme erkennen zu können. Ein grundlegendes philosophisches Wissen ist hierzu unabdingbar. An diesem Punkt wird deutlich, dass Kompetenzorientierung aus einem Zusammenspiel mehrerer Kompetenzen verstanden werden muss, von denen der Erwerb der einen, beispielsweise einer „Darstellungskompetenz“, nicht den Erwerb einer anderen (oder gar der Kompetenz zu selbständigem Philosophieren im Allgemeinen) einschränken dürfte. Die Aufgabe des Philosophieunterrichtes an Schulen beinhaltet auch, ein Angebot an Wissensinhalten aufzustellen, das den Schülerinnen und Schülern als Lebenshilfe dienen könne. Der Vorteil eines Erwerbs fächerübergreifender Kompetenzen, wie beispielsweise einer verbesserten Lesefertigkeit wurde an dieser Stelle ausgespart.[2] Die Frage nach dem Selbstzweck der Philosophie als Antwort auf ihrer Legitimierung als Schulfach (vgl. Martens, S. 157; Meyer, S. 108f.) kann jedoch nicht in Einklang mit einem Selbstverständnis der Schule als reinem Ausbildungsort gebracht werden. Schule sollte sich also auch als Bildungsort begreifen, damit dem Wert der Philosophie Rechnung getragen werden kann, wodurch diese wiederum auch als Unterrichtsfach legitimiert wird (vgl. hierzu die Unterscheidung zwischen Ausbildung und Bildung nach Peter Bieri: „Wie wäre es gebildet zu sein?“).

Kompetenz und Wissenserwerb scheinen zu etwa gleichen Teilen als wichtig wahrgenommen zu werden. „Kompetenzen sind die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können.“ [3]. Hiervon kann in Anlehnung an Martens der Erwerb von Philosophie-Wissen abgegrenzt werden, der - anders als Hofer dies vorschlägt - nicht implizit auch das Erlernen von Kompetenzen miteinschließt.

Kompetenzorientiertes Lernen hat die grundlegende Funktion, problemorientiertes Arbeiten zu ermöglich. [4] Philosophieunterricht erschöpft sich nicht in einem Erwerb von Kompetenzen, sondern muss auch auf den Selbstzweck der Philosophie (z.B. die Neugier, Fragen zu stellen, Förderung von Autonomie) durch ausgerichtete Lernziele hinführen.[5]


Bildungsbegriff

"Bildung ist etwas, das Menschen mit sich und für sich machen: Man bildet sich. Ausbilden können uns andere, bilden kann sich jeder nur selbst. Das ist kein blosses Wortspiel. Sich zu bilden, ist tatsächlich etwas ganz anderes, als ausgebildet zu werden. Eine Ausbildung durchlaufen wir mit dem Ziel, etwas zu können. Wenn wir uns dagegen bilden, arbeiten wir daran, etwas zu werden - wir streben danach, auf eine bestimmte Art und Weise in der Welt zu sein. Wie kann man sie beschreiben?"[6]

Der Definition nach Bieri ist Wissensanreicherung zu ihrem Selbstzweck immer Bildung, ist sie Mittel zum Zweck, so ist es keine Bildung sondern lediglich Ausbildung. Hat der Bildungsbegriff nach Bieri dann überhaupt etwas mit Schule zu tun? Schließlich findet in der Schule doch auch nur WIssens- und Kompetenzerwerb durch andere (Lehrkörper) statt. Ist schulische Bildung ein Selbstzweck oder Mittel zum Zweck? Bildet die Lehrkraft aus oder bildet sie? Ausbildung und Bildung müssen sich allerdings nicht unbedingt widersprechen. Bildung ist Wertebildung und keine Werteerziehung. Werteerziehung würde dem Beutelsbacher Konsens widersprechen, welcher vorschreibt, dass immer alle Seiten der Medallie aufgezeigt werden sollen und keine einseitige Positionierung seitens der Lehrkraft vorliegen darf.

Daraufhin wurde die Frage in den Raum geworfen, was denn „gute“ Werte seien. Ausbildung sei auch immer Anerkennungs- oder Titelverbunden und hat viel mit der Qualifikation zu tun. Nun wurde eine Diskussion bezüglich der Einordnung einer Muttersprache in den Bildungs- oder Ausbildungskontext nach Bieris Definition eröffnet. Für die Einordnung als Ausbildung wurde angeführt, dass auch jemand anderes die Muttersprache hätte beibringen können, wodruch es Bieris Bildungsbegriff widersprechen würde. Stärkend der Einordnung in den Bildungsbegriff ist argumentativ angebracht worden, dass jeder in seiner Sprache denkt und sich dies mit Bieris Bildungsbegriff decken würde. Unter Bieris Definitionskontext ließ sich nun schlussfolgern, dass Lehrer die SuS für die Bildung ausbilden. Doch welche Kompetenzen dabei vermittelt werden sollen, bleibt weiter offen, da dies auch nicht im Lehrplan angesiedelt ist. Dort stehen nur die nicht fachspezifischen Kompetenzen, welche nicht weiter erleutert werden. Des Weteren wurde sich gefragt, was der Kompetenzerwerb leisten kann, da nur das Erlernen von Kompetenzen in jedem Fall zu wenig wäre für eine erfolgreiche Lebensführung des Schülers. Da zu Anfang der Sitzung oft angebracht wurde, dass Unterrichtsorietierung anhand von Inhalten nicht die beste Option sei, wurde nun eingewandt, dass in der Bildungsdebatte die Orientierung an Inhalten schon seit den 1970er Jahren deutlich weniger geworden bzw. nicht mehr vorhanden ist. Ein Kanon aus Inhallich wichtigen Inhalten und der dabei zu erwerbenden Kompetenzen sei abschließend der Schlüssel zu einer erfolgreichen und nachhaltigen Bildung oder Ausbildung eines Kindes.

  1. Meyer, Kirsten, "Kompetenzorientierung" in: Nida-Rümelin/Spiegel/Tiedemann (Hg.) "Handbuch Philosophie und Ethik. Band 1 Didaktik und Methodik", Paderborn 2017, S. 104-113. Hier: S. 104
  2. Seminardisskusion Textgrundlage der Sitzung am 8. Juni 2018 bildeten die Texte „Wozu Philosophie in der Schule?“ von Ekkehard Martens aus dem Band „Texte zur Didaktik der Philosophie“ sowie der Eintrag „Kompetenzorientierung“ von Kirsten Meyer, in: Nida-Rümelin, Julian; Spiegel, Irina; Tiedemann, Markus: Handbuch Philosophie und Ethik Band 1 UTB 2017. Zur Lesefertigkeit siehe S.109
  3. Weinert 2001, S. 27.
  4. Vgl. Meyer 2017, S. 107.
  5. Vgl. Meyer 2017, S. 110.
  6. Peter Bieri, "Wie wäre es gebildet zu sein?" (Online Publikation)